Im Wortlaut
: Vom Nachdenken gehn meine Haare kaputt

■ Der 24jährige Abdullah will keine Action mehr. Er sucht eine Frau zum Heiraten

Seine Freunde nennen ihn „Apo“. Wenn der vierundzwanzigjährige Abdullah keine Arbeit hat, hängt er in Kreuzberg oder am Alex rum. Dann liegt er auf der Wiese und denkt über sein Leben nach. Der Estrichleger sieht jünger aus, hat fast noch einen kindlichen Blick. Doch zum Heiraten fühlt er sich reif genug.

„Vor etwa zehn Jahren hab' ich auf dem Bau angefangen. Dafür bin ich irgendwie geeignet. Ich wurde in Deutschland geboren, habe dann einige Jahre in der Türkei gelebt, bis ich vor sieben Jahren wieder zurückgekommen bin und eine Ausbildung als Estrichleger gemacht habe. Mit etwa achtzehn Jahren begann ich, selbständig zu arbeiten. Zur Zeit arbeiten wir mit fünf Leuten. Ich bin Kolonnenführer. Weil wir etwas kindisch aussehen, wollten die uns am Anfang immer betrügen. Aber mit der Zeit ging es besser. Es ist mir etwas peinlich, darüber zu reden. Aber ich wünsche mir eine Freundin, die gut aussieht, und daß ich immer Arbeit habe. Wenn ich Arbeit habe, geht's mir gut. Wenn ich frei habe, muß ich immer nachdenken, nachdenken, nachdenken. Da gehen meine Haare kaputt. Ich wohne seit einigen Jahren nicht mehr bei meinen Eltern, ich bin ja kein Kind mehr. Aber alleine in meiner Wohnung ist es mir zu langweilig. Langeweile geht niemals vorbei. Oft bin ich bei Kumpels und übernachte dort. Ich muß nicht jeden Tag schlafen.

Ich hatte mal Interesse an Kampfsport, jetzt habe ich nur noch wenig Zeit zum Trainieren. Ab und zu komme ich zu Hause dazu. Ich trainiere ein bißchen, um in Form zu bleiben und weil ich jung aussehen möchte. Ich gehe auch gern ins Kino. Am liebsten schaue ich Action-Filme. Aber auch romantische Filme gefallen mir.

Früher war ich so ein Action- Typ. Jetzt auch noch, aber ich bin ein bißchen älter geworden. Bis etwa einundzwanzig Jahre war ich ein bißchen lauter Typ. Jetzt habe ich weniger Zeit zum Actionmachen. Action heißt für mich: nicht nach Hause kommen, jeden Tag in die Disco gehen. Kokain nehmen ist auch Action. Wie jeder Jugendliche war auch ich kriminell. In meiner Akte stehen all so typische Sachen wie Einbruch und Körperverletzung. Vergewaltigung und Mord aber nicht. Nach einer halbjährigen Bewährungsstrafe habe ich mir gedacht, man muß ja langsam mal aufhören. Jeder muß sich seinem Alter entsprechend benehmen. Also habe ich vor vier Jahren aufgehört, Scheiß zu bauen. Jetzt fühle ich mich erwachsen.

Zum Erwachsensein gehört für mich Heiraten unbedingt dazu. Ich will so bald wie möglich heiraten, doch mir fehlt noch die Frau dazu. Wenn ich nicht zu Hause bin, brauche ich jemanden, der am Telefon ,hallo‘ sagt. Wenn ich verheiratet wäre, wäre es bestimmt besser als jetzt. Dann würde ich bestimmt jeden Tag nach Hause kommen. Ich hätte dann ja auch Verantwortlichkeiten. Ich hätte auch bestimmt ein Kind. Um acht würde ich dann zu Hause sein.“ Text/Foto: Barbara Bollwahn

Wird fortgesetzt