Flammendes Inferno

■ Spektakel in der Baugrube dröhnte über den Potsdamer Platz

„A bisserl aufgeregt“ war Hermann Nickl schon, bevor es losging. Schließlich hatte man den Kranführer extra aus München geholt: zum Auftritt beim „Baustellensommer '95“, einem Showspektakel zwischen halbfertigen Betonpfeilern, verkleckerten Zementmischern und rostigen Bauzäunen am Potsdamer Platz.

Den 1.300 erwarteten Zuschauern hatte Gastgeber debis/Daimler Benz einen „kulturellen Leckerbissen“ versprochen. Und: „einen Vorgeschmack auf das, was nach der Bauzeit einmal den Potsdamer Platz ausmachen soll“. Mit siebzig Tänzern, Pyrotechnikern und Laserfreaks sollte das Image des angeschlagenen Konzerns aufpoliert werden – und den drohenden Leerstand der Büros vergessen machen.

Zehn Millionen, wird gemunkelt, soll das ganze Theater gekostet haben. Aber was am Samstag um Punkt 22 Uhr über 400 würstchenkauende BerlinerInnen hereinbrach, war kaum geeignet, das Eis zwischen Schwaben und Preußen zu brechen. „Jenseits der Nacht“ hieß die Tanzshow des Pyro Space Ballets, das „die Verbindung von Natur und Stadt“ in 14 Tanzszenen umsetzen wollte. Feuerschwenkende Vestalinnen, Wasserspiele und ein nicht enden wollendes Lasergewitter sollten die „Geschichte des Lichts“ nachzeichnen. Mehr als eine amateurhafte Choreographie, ein mickriges Feuerwerk und die dröhnenden Bässe der übersteuerten Musikanlage kamen aber nicht heraus.

Einziges Highlight: der Einsatz von Kranfahrer Nickl um 22.15 Uhr. Mit souveränem Schwenk hob er einen flatternden Ikarus am Kranhaken über das Bühnendach, ließ mal kurz die Drahtseile knallen und setzte das brennende Ungetüm publikumswirksam hinter der Projektionswand ab. Ein Steglitzer Familienvater auf dem Weg nach Hause: „Det war det flammende Inferno.“ Constanze v. Bullion