Bund überspringt Spree

■ Der Alsenblock von Stephan Braunfels wird über die Spree nach Mitte erweitert / Bibliotheksbau und Büros geplant

Der Alsenblock, als langrechteckiger Parlamentsbau zwischen Spreebogen und Reichstag von Stephan Braunfels (München) geplant, wird über die Spree hinweg nach Osten verlängert. Der Gebäuderiegel, in dem Büros der Bundestagsabgeordneten, Säle für Ausschußsitzungen und Archive untergebracht werden sollen, verbindet somit nicht nur die Bezirke Moabit und Mitte, sondern bildet zugleich den anvisierten „symbolischen Brückenschlag“ zwischen dem Ost- und Westteil der Stadt. Im östlichen Flügel des Alsenblocks ist vorgesehen, auch die Bibliothek des Bundestages mit 1,2 Millionen Bänden einzurichten.

Zur Erinnerung: Der Architekt Axel Schultes hatte 1993 als Gewinner des städtebaulichen Wettbewerbs für das neue Regierungsviertel mit seinem ostwestlichen „Band des Bundes“ die Grundlage für den Spreesprung gelegt. Das „Band“ mit Regierungsbauten quer über den Spreebogen soll im Westen auf dem Moabiter Werder mit Parlamentswohnungen beginnen. Es folgen der Kanzlergarten sowie das Kanzleramt, ein sogenanntes Forum mit öffentlichen Einrichtungen ist in der Mitte vorgesehen. Das „Band“ beschloß Schultes mit dem Alsenblock und dem Luisenblock im Osten.

Der von Braunfels in einem Bauwettbewerb 1994 entworfene moderne Büroblock mit einer Höhe von 22 Metern, großen Höfen und mit viel Glas und Stahl endete jedoch am Spreeufer auf der Reichstagsseite. Die nun beschlossene Erweiterung war von der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) angestoßen worden, nachdem sich abzeichnete, daß in dem 44.000 Quadratmeter großen Bauwerk nicht genügend Raum für die rund 1.200 Büros und zusätzliche Nutzungen sein würde.

Auf die Anforderungen nach mehr Platz hat Braunfels sehr geschickt reagiert. Mit zwei Brücken wird die Spree einfach übersprungen. Den Baustil aus Bürotrakten im Wechsel mit großen Höfen, mit lichten Foyers, Freitreppen und Loggien überträgt Braunfels auch auf das andere Ufer. In den Räumen sollen die Bibliothek, Archive, die wissenschaftlichen Dienste und Büros angesiedelt werden. Aus der Gebäudemitte ragt ein kleiner Kegelstumpf. Der Spreeuferweg bleibt für die Bürger zugänglich. Hätte sich die Bundesbaugesellschaft nicht für den „Spreesprung“ entschieden, wäre eine Erhöhung und Verdichtung des ersten Braunfels-Entwurfs unumgänglich geworden. Dies hätte dem „offenen Charakter der Planung“, so ein Jurymitglied, widersprochen.

Die BBB will mit dem westlichen Bauteil des Alsenblocks noch 1996 beginnen. Ein Termin für das Bauvorhaben auf der östlichen Seite, das nach Angaben der BBB den Rahmen der Gesamtbausumme von 700 Millionen Mark nicht überschreiten soll, ist noch nicht in Sicht. Für den Erweiterungsbau ist noch die Zustimmung der Baukommission im Bundestag notwendig. Rolf Lautenschläger