Unterm Strich

Viel wär's nicht gewesen, was wir Ihnen heute hätten melden könnten, wirklich nicht, aber es wäre wie immer doch von Herzen gekommen. Daß zum Beispiel das Dali-Museum im katalanischen Figueras im Sommer – ganz im Sinne des Künstlers – auch nachts, das heißt zwischen 22 und 1 Uhr geöffnet hat, weil nämlich Herr Dali „die Nacht als Quelle der künstlerischen Kraft“ sah. Oder daß gestern im Dresdner Albertinum unter dem Titel „Im Lichte des Halbmonds“ (komisch, daß das „Licht“ so ein lyrisches e hat, der „Halbmond“ aber nicht) eine Ausstellung über die Kunst des osmanischen Reiches (da isses dann wieder, das e) eröffnet hat: 660 Objekte – was hätte man da nicht alles schreiben können! Oder daß der Bürgerrechtler Konrad Weiß dem Schriftsteller Erich Loest vorgeworfen hat, in seinem Roman „Nicolaikirche“ ein ganz falsches Bild von der Stasi gezeichnet, diese viel zu „genau, sensibel, fast liebevoll“ beschrieben zu haben. Wir hätten Ihnen traurigerweise auch melden können, daß der britische Beckett-Schauspieler David Warrilow, der mit Robert Wilson, Richard Foreman und Woody Allen gearbeitet hat, am Donnerstag im Alter von 61 Jahren in Paris an Aids gestorben ist. Viel wär's, wie Sie sehen, wirklich nicht gewesen.

Wir konnten uns aber einfach nicht richtig konzentrieren. Denn unsere Aufmerksamkeit war gefesselt, unsere Gehirne wie gelähmt von der dpa-Ankündigung einer Buchneuerscheinung unter der Überschrift „Beileidsschreiben und Kondolenzen: Trauer bekunden wie Roman Herzog“. Von ganzem Herzen nun, für Sie, der volle Wortlaut: „Helmut Kohl hat es vorgemacht und auch Roman Herzog, Helmut Schmidt ebenso wie Richard von Weizsäcker. Sie verfaßten Beileidsschreiben zum Tode von Karajan, Galinski, Bernstein und anderen Prominenten. Ganz individuell und unverwechselbar drückten sie ihre Trauer aus. Die Originaltexte wurden jetzt mit Formulierungsalternativen kommentiert und zusammengefaßt: in dem Ratgeber ,Beileidsschreiben und Kondolenzen‘. Das umfangreiche Werk ist eine unentbehrliche Hilfe für alle, die offiziell kondolieren müssen. Es informiert detailliert über Aufbau und Inhalt einer korrekten, situationsbezogenen Kondolenz oder eines Nachrufs und enthält eine Fülle zeitgemäßer Zitate. ,Stark emotional geprägte Briefe mögen noch so tief empfunden sein: besonders in der Öffentlichkeit klingen sie schnell peinlich. Seien Sie also zurückhaltend‘, empfehlen die Autoren, Ingeborg Kaiser-Bauer (Referatsleiterin im Bundespresseamt), Michael Engelhard (Angehöriger des diplomatischen Dienstes, war u.a. Leiter der Abteilung Kommunikation im Auswärtigen Amt) und Frank Weber (Kommunikationsberater). Ihr Tip: Format statt Floskeln und Qualität statt Länge!“ Bleibt uns nur noch hinzuzufügen, daß der Ratgeber des Falken Verlags durchgehend zweifarbig ist und 39,90 Mark kostet.