Bühne fürs Publikum

■ Der Schlachthof expandiert: Heute wird das neue Debattenforum „Tribüne“ eröffnet

Das Kulturressort will die Kräfte konzentrieren, das Kulturzentrum Schlachthof aber expandiert. Diese Form kontrazyklischer Kulturpolitik ist durchaus als programmatisch zu verstehen: Den eher „betriebswirtschaftlichen Argumenten“, mit denen die neue Ressortspitze bisher hantiere, wolle das Kulturzentrum politische Inhalte entgegensetzen, erklärte Peter Cronemeyer gestern auf einer Pressekonferenz. Flagge zeigen will man vor allem mit der neuen Diskussionsreihe „Tribüne“, die heute abend beginnt. Zu Themen wie „Messeplatz Bremen“ oder „Gentechnologie“ sollen sich einmal im Monat Fachleute und Publikum („als Alltagsexperten“) treffen, um sich in der Kesselhalle die Köpfe heißzureden.

Die Kritik des Schlachthofs entzündet sich vor allem an den kulturpolitischen Leitlinien des Koalitionsvertrags. Schon der erste Satz – „der Kulturbereich ist zu sanieren, konsolidieren und zu konzentrieren“ – werde vom Kulturzentrum mit großer Skepsis aufgenommen. Die immer wieder vorgebrachten Sanierungszwänge, so Elke Heyduck, hätten „die politische Öffentlichkeit ziemlich mundtot gemacht“. Nach dem selbstironischen Motto „Wenn man schon kein Geld hat, soll man wenigstens eine Meinung haben“, soll die „Tribüne“-Reihe nun all jene mobilisieren, die noch Lust auf Einmischung haben.

Die „Tribüne“ versteht sich daher auch „nicht als elitärer Zirkel von Fachleuten“. Mittels Saal-Mikrofon und Saal-Moderation soll sich das „Tribüne“-Publikum möglichst zahlreich in die Beiträge der PodiumsteilnehmerInnen einklinken. Auf dem Podium selbst will man Fachleute von außerhalb sowie bremische Kompetenz versammeln. Zum Thema heute abend („Messeplatz Bremen – hochpoliert und kranksaniert?“) werden Georg Seewig, Direktor der Messe-GmbH, Hochschulprofessor Kammerer sowie Hans-Herbert Holzamer, Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung, kommen. Auf eine nüchterne Atmosphäre dürfen sie wohl nicht hoffem: „Der Schlachthof“, sagt Heyduck, „ist kein neutrales Gelände.“

Außerdem hat das Kulturzentrum im Herbst eine Reihe weiterer Projekte angezettelt. Am 22. September startet „Jazz und mehr“. In dieser neuen Veranstaltungsreihe will man mehr Publikum zum Jazz bringen – mit Doubelfeatures: Wenn z.B. die Kölner Saxofon-Mafia gastiert, wird zuvor Otto Sander Ringelnatz-Texte lesen. Ein hauseigenes Theaterprojekt ist ebenfalls angeleiert, nachdem die Theaterstelle im Haus lange Zeit verwaist war. Die Inszenierung soll sich um Texte von Cyrano de Bergerac ranken. Eine „Bremädiale“ schließlich könnte im nächsten Frühsommer kommen: Dort sollen die Ergebnisse diverser Kulturworkshops für Mädchen und junge Frauen präsentiert werden, die der Schlachthof im Verbund mit anderen Kulturhäusern ab den Herbstferien anbietet. tw

„Messeplatz Bremen – hochpoliert und kranksaniert?“; 20 Uhr, Kesselhalle im Schlachthof