Versteckspiele können grausam sein

■ Armenische Christen sollen ausgewiesen werden und müssen in Deutschland untertauchen. Kirche plädiert für Hilfe

Bremen (taz) – Alltag in Deutschland: drei armenische Familien leben hier im Versteck – und hoffen jetzt auf die Hilfe der Kirche. Mit allen Mitteln will die Bremische Evangelische Kirche (BEK) die Abschiebung der armenischen Christen in die Türkei verhindern. Drei Gemeinden haben gestern beschlossen, drei akut betroffene Familien ab sofort ins Kirchenasyl aufzunehmen. Louis Ferdinand von Zobeltitz, oberster Repräsentant der BEK, sieht darin auch einen Appell an den Bremer Innensenator Ralf Borttscheller (CDU), „seine humanitären Möglichkeiten voll auszuschöpfen“.

Die Innenbehörde solle von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, den betroffenen Familien zunächst einen Abschiebungsaufschub von einem halben Jahr zu gewähren, so Borttscheller. „Früher gab es da immer noch eine Gesprächsbereitschaft, jetzt wurden aber Anträge auf Zulassung der Berufung durch das Bremische Oberverwaltungsgericht abgelehnt“, beschwerte sich Günter Werner, Anwalt der armenischen Familien. „Der Tenor lautet: Den Leuten geht es schlecht, aber nicht schlecht genug.“

Die Bremer Kirchenleitung fragt sich, warum armenische Christen anders behandelt werden sollten als die syrisch-orthodoxen. Denen wurde nämlich vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) Gruppenverfolgung in der Türkei wegen ihrer Verfolgung und Bedrohung durch türkische Sicherheitskräfte zuerkannt. Für armenische Christen sei die Situation in der Türkei allerdings kaum anders.

Die drei betroffenen Bremer Familien armenischer Christen waren zum 10. August zur Ausreise aufgefordert worden. Auch ein älteres Ehepaar ist mit dabei, das im März 1990 nach Bremen kam. Damit fiel es knapp unter eine Neuregelung des Ausländerrechts: Alle ChristInnen aus der Türkei, die bis zum 31. Dezember 1989 nach Deutschland kamen, erhielten noch automatisch ein Bleiberecht. Die 70 Personen, die nach diesem Stichtag nach Bremen einreisten, sind nun von Abschiebung bedroht. Anke Sinnigen