Nachgefragt: „Stürmer-Manier“
■ Autor Jürgen Alberts über die Bremer Mini-Demo gegen den „Spiegel“kkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkkk kkkkkk/
Das aktuelle „Spiegel“-Titelbild gibt dem Literaturbetrieb – rechtzeitig zur Buchmesse – Anlaß zu heftigen Diskussionen. Grund: Kritiker Reich-Ranicki reißt auf dem Cover das neue Grass-Buch „Ein weites Feld“ förmlich entzwei. Einer der ersten, die protestierten, war der Bremer Autor Jürgen Alberts, der sich vormals u.a. für die Herausgabe der verfemten „Satanischen Verse“ engagierte: Gegen den „Spiegel-Titel in Stürmer-Manier“ (Alberts) zog er persönlich vors Hamburger Spiegel-Verlagshaus.
taz: Wer agiert eigentlich Ihrer Meinung nach in „Stürmer-Manier“ – der Kritiker Reich-Ranicki oder der Layouter des „Spiegel“-Titels?
Jürgen Alberts: Der Vorwurf „Stürmer-Manier“ bezieht sich ausschließlich darauf, daß dieses Titelbild nahelegt, man kann mit einem Buch und damit auch mit einem Autor so umgehen, daß man sein Buch öffentlich zerreißt. Sowas erinnert fatal an Vorgänge wie die Bücherverbrennung 1933, oder an die fanatischen Moslems, die in Bradford die „Satanischen Verse“ öffentlich vernichteten.
Was ist denn an Literaturverrissen faschistoid?
Gar nichts; aber die Darstellung auf dem Titelblatt assoziiert faschistoide Bilder. Für die Leute, die das Bild am Kiosk sehen – und das Buch natürlich nicht lesen – für die ist das die Sanktionierung der Tatsache, daß man Bücher physisch zerreißen kann.
Warum die Protestform einer Demonstration? Sie haben als Schriftsteller doch andere Mittel parat.
Das ist völlig richtig. Aber es gibt ja manchmal Punkte, wo man so am Nerv getroffen wird. Da kann man als Autor dann doch nicht mehr still an seinem Computer stillsitzen und sagen: Ich schick' da jetzt mal –ne Protestnote hin. Da muß man sich auch mal hinstellen. Selbst, wenn wir nur so ein Häuflein von drei aufrechten Versprengten waren.
Wie kommt's denn, daß Sie so ein kleines Häuflein waren?
Das war einfach unglaublich kurzfristig. Ich hab' am Abend vorher vielleicht mit etwa vierzig Freunden telefoniert, die auch teilweise gesagt haben: jaja, ich komme; aber dann haben eben nur drei wirklich die Zeit gefunden.
Wirkungsvoll ist das nicht.
Hat sich aber medienmäßig vervielfältigt. Jetzt wird ja schon mal zur Kenntnis genommen, daß es Leute gibt, die mit dieser Form der Darstellung nicht einverstanden sind. Ich vermute, daß das Echo noch ein paar andere Leute erreichen wird, die dann sagen: So geht es aber nicht. Fragen: tw
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