Die Frauen sind unterrepräsentiert

■ Für viele UN-Mitarbeiterinnen ist die Frauenkonferenz eine Alibiveranstaltung

Im Jahre 1946 schickten 17 der damals 51 Mitgliedsstaaten Frauen als ihre Vertrerinnen zu der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Das war immerhin ein Drittel. Bei der letzten Generalversammlung im Herbst 1994 wurden weniger als 15 Prozent der inzwischen 186 UNO-Staaten von einer Frau vertreten – ein deutlicher Rückschritt also. Bei unter 15 Prozent liegt auch nach wie vor der Frauenanteil bei den UN-Beschäftigten auf den beiden höchsten, mit diplomatischem Status versehenen Ebenen sowie auf den drei oberen der insgesamt fünf „professionellen“ Ebenen. Nur am Ende der Pyramide, bei den Sekretärinnen und dem Reinigungspersonal, sind die Frauen zu fast 100 Prozent vertreten.

Mit der Wahl der Japanerin Sadako Ogata zur Hochkommissarin für Flüchtlinge (UNHCR) wurde 1991 zum ersten Mal in der Geschichte der UNO eine Frau Chefin einer der 30 Spezial- und Sonderorganisationen. Seit Ogata das Flüchtlingskommissariat führt, ist die Organisation – trotz zunehmender Aufgaben und unzureichender Finanzen – aus den Negativschlagzeilen herDie erste an der UN-Spitze: Sadako OgataFoto: bonn-sequenz

aus, in die sie unter ihren beiden Vorgängern geraten war. Bei den MitarbeiterInnen des UNHCR ist Ogata durchweg hoch geschätzt – was nur wenige der Chefs der anderen UNO-Organisationen von sich sagen können. Anfang dieses Jahres wurde auch an die Spitze des UNO-Kinderhilfswerks eine Frau berufen.

UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali hatte bei seinem Amtsantritt im Januar 91 mit einer Reihe von Ankündigungen noch Hoffnung auf einen Abbau der Diskriminierung von Frauen im UNO-System und auf die Erhöhung ihres Anteils an den mittleren und oberen Positionen erzeugt. Geschehen ist wenig. Die Mitarbeitervertretung der UNO sieht sogar Rückschritte. Zum einen wegen der Art, wie Butros Ghali sexuelle Belästigung innerhalb des UNO-Systems als „drittklassiges Problem“ verharmlost und dafür verantwortliche hochrangige Mitarbeiter sogar deckt. Zum anderen sind von der von Butros Ghali eingeleiteten und seit einem Jahr verstärkt umgesetzten Stellenkürzung vorrangig Frauen betroffen.

Hinzu kommt, daß für die Regierungen der Mitgliedsstaaten die Gleichberechtigung der Frauen innerhalb des UNO-Systems kein vorrangiges Thema ist. Auch die im letzten Jahr im Anschluß an die Wiener Menschenrechtskonferenz ernannte Sonderbeauftragte für die Rechte der Frauen hat ihr Versprechen, sich um die Zustände innerhalb des UNO-Systems zu kümmern, bislang nicht eingelöst. Doch auch die regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs), die jetzt so zahlreich zur UNO-Frauenkonfernez nach Peking reisen, haben sich bislang wenig für die Lage und Rolle der Frauen in der UNO interessiert. Für viele weibliche Beschäftigte der UNO ist diese Konferenz denn auch wenig mehr als eine Alibiveranstaltung. azu