Vorschlag

■ Physiognom des Alltags: Georg Schramm bei den „Wühlmäusen“

Der Spießer liebt das Soldatische. Er ist fasziniert vom Geschützpanzer Leopard, dessen „Software der Bordkanone er beobachten möchte“. Solche etwas abgedrehten Wünsche tragen die Typen vor, die der Konstanzer Kabarettist Georg Schramm seit nunmehr zehn Jahren auf den deutschsprachigen Kleinkunstbühnen darstellt. Mit seinem ersten Soloprogramm „Solche Männer hat das Land“, für das er 1986 den baden-württembergischen Kleinkunstpreis bekam, wurde Schramm durch eine Fernsehaufzeichnung der ARD bekannt. Beim Satirefest des SFB tauchte er seinerzeit als bitterböser Rentner Lothar Dombrowski auf, der den Aufstand der Alten gegen den Jugendwahn der Gesellschaft ausrief. Jetzt, zu seinem zehnjährigen Bühnenjubiläum, ist Schramm wieder in der Stadt. „Ans Eingemachte“ heißt der Kabarettsampler, in dem er noch einmal drei Figuren aus seinen bisherigen Soloprogrammen vorstellt: Den Oberleutnant, den Personalchef, den Rentner – allesamt Erscheinungsweisen des sogenannten kleinen Mannes, dessen Macht- und Ohnmachtsphantasien Schramm als ehemaliger Diplompsycholge sehr genau nachzuzeichnen versteht. Schramm ist weniger politischer Kabarettist als Physiognom des Alltäglichen. Und ebenso läßt sich auch sein Publikum, das am Dienstag zur Premiere zu den „Wühlmäusen“ kam, keiner bestimmten Altersgruppe, keiner bestimmten Szene zuordnen. Total normal.

Ungelenk kommen Schramms Typen daher. Ein älterer Mann tapert auf die Bühne und erzählt, daß er mit „dieser Sendung, wo die Familienmitglieder verlorengehen und sich dann wiederfinden“, mit „Bitte melde dich“ in den Urlaub geflogen sei, und die Leute vom Fernsehen hätten ihn beim „Brechen“ im Flugzeug gefilmt. Dann stellt sich heraus, daß seine Frau daheim Krebs hat und den verlorenen Sohn vor ihrem Tod noch einmal sehen will. Ein kurioser Urlauber, eine tragische Figur. Zum Schluß spielt Schramm noch einmal den bösen Rentner, der damit droht, mit seinem Freund Kurt eine Protestaktion bei Tchibo zu starten. Weil es dort für alte Menschen keine Stühle gibt, will Kurt seinen künstlichen Darmausgang auf den Kaffee-Stehtisch legen.

Die Gratwanderung zwischen Komik und Tragik gelingt Schramm nicht immer. Manchmal kippt die Darstellung ins Peinliche, manchmal in die reine Karikatur. Dennoch: Wer Georg Schramm noch nicht gesehen hat, dem sei sein Jubiläumsprogramm „Ans Eingemachte“ bei den „Wühlmäusen“ empfohlen. Joachim Grunwald

Bis 3. 9., 20.30 Uhr, Die Wühlmäuse, Nürnberger Straße 33