■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Großfamilie an der Macht

Für die Bremer SPD kann eigentlich nichts schiefgehen, sagte die Familientherapeutin Anne Albers (Lesebrief 25.8.): Die, die Macht in der Koalition in den Händen halten, kennen sich alle sehr gut, fast intim. Ein Blick in alte Behörden-Fernsprechbücher bringt erstaunliche Kontinuitäten zutage. In den langen Jahren, in denen Bürgermeister Scherf Sozialsenator war, war Uwe Wischer (heute im Rathaus als Berater untergebracht auf noch nicht geklärter Stelle) einer der engsten Mitarbeiter. Fritz Logemann gehörte zu dem engsten Kreis, heute Staatsrat Umwelt, Christoph Hoppensack, Staatsrat Soziales und Gesundheit, und Edo Lübbing, heute persönlicher Referent bei Senatorin Tine Wischer. Und last not least gehört natürlich Gerd Markus, heute Staatsrat im Häfenressort, zum engsten Scherf-Kreis seit den Jahren der gemeinsamen Arbeit im Sozialressort.

Die Runde traf sich nicht nur an Scherfs legendärem Fichtenholz-Tisch aus der Behinderten-Werkstatt, sondern auch privat. Man ist natürlich auf „Du“, einige sind auch ganz privat befreundet, etwa Logemanns und Wischers, man versteht sich seit Jahren, einer stützt den anderen.

Tine Wischer, die neue Super-Senatorin für Umwelt, Soziales, Gesundheit und Frauen, wuchs wie selbstverständlich in diesen Kreis hinein, in dem ihr Mann familiär war. In den letzten Jahren erst hinzugekommen ist Bringfriede Kahrs, Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Kunst. Sie ist Scherf aus den Jahren verbunden, in denen sie ihm als Sprecherin der Bildungs-Deputation den Rücken frei hielt, was auch da kommen sollte. Hineingewachsen in den Kreis ist sie aber schon schlicht deshalb, weil sie die Lebensgefährtin von Gerd Markus wurde.

Und so gehört nur einer nicht zur engeren Großfamilie, der aber aufgrund des Bremerhaven-Proporzes in den engsten Machtzirkel aufgenommen werden mußte: Häfensenator Beckmeyer. Über seinen Behördenleiter Markus ist er dabei eingesponnen in das Geflecht, von Seitensprüngen erfährt die Familie sofort und auf der Stelle.

Erfahrene Familientherapeuthen sagen allerdings, daß sowas nicht gut gehen kann, wenn die Bindungen zu eng und große Konfliktpotentiale in der Natur der funktionalen Beziehungen liegen. Unsere SPD-Großfamilie-an-der-Macht würde allerdings lieber auswandern auf ein einsames Atoll als Anne Albers zu ihrer Therapeutin zu machen. Ein hoffnungsloser Fall?

Rosi Roland