Die Zukunft liegt hinter uns

Mit dem Öko-Fernseher auf dem Weg ins nächste Jahrhundert: „Ideen für die Unterhaltungselektronik“ im Internationalen Design-Zentrum  ■ Von Bettina Müller

An ein zu heiß gewaschenes Kuscheltier erinnert das Modell „Filz-TV“ der Designstudentin Sabine Gabor. Bei Ärger über das Programm ist die auf einen Holzwagen montierte Glotze bestens zum Herumschubsen geeignet. Eingekleidet in Filz – wärmedämmend und kompostierbar –, zählt das Gerät zu den sogenannten Öko-Fernsehern, deren Materialien leicht zu entsorgen und zu recyceln sind. O wundervolles Sprachdesign!

Gabors knuddeliges „Filz-TV“ wird in der Ausstellung „Design im Dialog“, die vier Projekte der Zusammenarbeit zwischen der Firma Grundig und Studenten der Hochschule der Künste im Design-Zentrum (IDZ) vorstellt, schnell zum Favoriten der Nicht-Technik-Fans. Wenn auch kaum zum Prototyp geeignet, verrät die listige Absurdität des „Filz-TV“ doch ein Gestaltungsproblem der Unterhaltungselektronik: Wie kann man eine Technologie in sinnlich sprechende Formen umsetzen, deren Hardware sich in unscheinbaren Modulen verkrümelt? Die Normierungsprozesse der Produktion lassen dem alten Designer-Ethos „form follows function“ kaum noch eine Chance zur Differenzierung – die symbolhaltige Form wird zur Maskerade.

Dennoch entscheidet das Design oft über den Absatz. „Design ist das wichtigste Marketing-Instrument, um Produkte unterscheidbar zu machen“, hält Jürgen Schönbron, Chefdesigner der Grundig AG Fürth, fest. Diese Erkenntnis habe Grundig bewogen, mit Hochschulen zusammenzuarbeiten, um ein Innovationspotential hervorzulocken. Nur in der Industrie vor Ort hätten Studenten die Chance, zu lernen, welche Freiräume der Gestaltung zwischen Produktionsstraßen und Marktanalysen überhapt existieren.

Die Formsprache aber, mit der Radiorecorder und Öko-Fernseher zum Sprung ins nächste Jahrtausend ansetzen wollen, bedient sich nicht selten jenes schnittigen Futurismus, mit dem in den Wirtschaftswunderjahren elektrische Haushaltsgeräte unmittelbar aus dem Weltraum in der Besenkammer gelandet zu sein schienen.

Prägte die Vorstellung vom Düsenantrieb einst Fön und Staubsauger als Beschleuniger des Hausfrauenlebens, so nehmen sich Tuningregler und Frequenzskala des Radiorecorders Modell „Lexus“ von Jens Sieber heute eher wie nostalgische Reminiszenzen an eine Zeit aus, als Technik noch als Garant einer besseren Zukunft verstanden wurde. Mehr den Problemen der Gegenwart als utopischen Entwürfen ist dagegen die Suche nach einem Fernsehgehäuse geschuldet, das schon in der Herstellung Energie und Material spart. Christoph Kopacs Idee, Versandkarton und Styroporformteile aus der Verpackung zum Gehäuse umzufunktionieren, scheint dem Zeitgeist des „schneller Wohnens“ entsprungen: jederzeit mobil und fluchtbereit. Ein geradezu archaisches Gegenbild zum Leben im Provisorium liefert sein in eine runde Form aus Gußbeton eingeschlossener Fernseher: Dessen Schwere behauptet sich polemisch gegen den totalen Rausch der flüchtigen Bilder und Spots.

„Design im Dialog – z.B. Grundig. Ideen für die Unterhaltungselektronik. Space Fidelity made in Berlin“ im Internationalen Design- Zentrum, Kurfürstendamm 66, bis 3. September täglich 11–19 Uhr