Village Voice
: Der Totalverweigerer in dir

■ Nihilistisch: Der Zen-Faschisten Kunst der Meditation

Hui, die hauen allein mit ihrem Namen schon ganz schön auf die Kacke: Zen-Faschisten nennen sie sich, haben Kölner Idyllen mit Berliner Unsicherheiten eingetauscht und versuchen nun mit mißverständlich-provokativem Namen und sogenanntem Trash- Beat ein paar Blumentöpfe zu gewinnen, indem sie ihre gesammelten Nihilismen unters Volk streuen.

Zu ihrem ersten Konzert in der Stadt luden sie mit schwarz- gelben Flyern, auf denen die diversen lexikalischen Definitionen für Nihilismus abgedruckt waren: Das reicht von „Total rejection of established laws and institutions“ bis zu „Total and absolute destructiveness toward the world at large and oneself“.

Solcherart bewaffnet, durften die Eingeladenen beim totalen und absolut niedrig- und unterdosiert klingenden Konzert darüber nachdenken, warum Homerecording und Kommunikationsverweigerung ein und derselbe Schuh sind: Gekoppelt mit den beiden bisher erschienenen Singles (auf jeder 10 Stücke!), startet hier ein einheimisches Low-Fi- „Projekt“ mit astrein dazu passender Philosophie: ein bißchen Weltfrust mit nachfolgender Emigration in die kleine, kaputte Welt der eigenen vier Wände.

Auf der ersten Single wird das noch in einem psychedelisch-legeren Rahmen verfolgt, so als ob die Hannoveraner Psycho-Band 39 Clocks mit Beat-Happenings Calvin Johnson ein Rendezvous gehabt hätte: Unermüdlich werden da feine Songideen ausgestoßen, und trotzdem gibt es Unzufriedenheit und die Zeile: „just another song, nothing going on“.

Auf „Kunst der Meditation“, der zweiten Single, wird das dann inhaltlich weitergesponnen, wird Losertum kurz reflektiert und gleich hundertprozentig verworfen: „I just can't decide, if I'll be a loser or a winner, ... feeling confused I make a decision: I don't like anything“; etwas peinlich, natürlich sehr traurig, aber Programm will auch Programm sein.

Nicht anders „Lowdown“, ein weiterer Song für den Totalverweigerer in dir, den schwer unter der Last des allseits grassierenden Kleinbürger- und Arschlochtums Tragenden: „This is a world of lowdown people, this is a world of pain, this world is full of fucked-up assholes, this world is full of piss“. Mehr nicht, doch wie sie das singen, wirkt es wie ein Kinder-Abzählreim und lädt zum Mitträllern ein, so nana-nana-nana-nana-mäßig, mit dem kleinen, helltönenden Klimper- Thema im Hintergrund.

Netter hymnenhafter Pop also, und kurz darauf, in der zweiten Version, darf auch mitgehoppelt werden. Denn die Zen-Faschisten tragen nicht nur das Prinzip Zweigeschlechtlichkeit ins Homerecording – die Band besteht aus zwei Männern und zwei Frauen, rockend-sexistische Männertümelei geht gleich in den Mülleimer –, sondern sie verwenden auf „Kunst der Meditation“ auch Break- und House-Beats. So werden zu den Songs „T.V.“, „Burnout“ und „Lowdon“ jeweils zwei Versionen angeboten, die einen mit dem klassischen One-guitar- Schrumm, die anderen konzipiert als bollernde Tanztracks. Das funktioniert sehr gut, säuberliche Trennung schützt da vor doofem Crossover.

Mitgeholfen im Wohnzimmer hat denn auch Jan Werner, Vortuner der britischen No-Wave- Band Mouse On Mars, und nicht zuletzt haben auch freundschaftliche Verbindungen zu ATR's Alec Empire dafür gesorgt, daß die Zen-Faschisten einerseits in Berlin ein neues Zuhause gefunden haben, andererseits dem Homerecording eine neue Ästhetik abgewinnen. Bei aller Formelhaftigkeit und trotz fehlender ironischer Zwischentöne kann man da nur sagen: Mehr davon! Gerrit Bartels

Zen-Faschisten: „Zen-Faschisten“; „Die Kunst der Meditation“ (Finlayson)