■ Normalzeit
: Frauen profilieren sich um

Von den jungen, gutausgebildeten, aber abgewickelten Akademikerinnen im Osten werden immer mehr Maklerinnen im Westen: „Das kann sich da ja jeder nennen!“ In ihrer neuen Immobilienwelt wimmelt es von Mitbewerbern und Neidern: „Die meisten, mit denen man zu tun hat, lügen. Man braucht viel Menschenkenntnis. Bei diesem Beruf kommt es nicht darauf an, was man in der Birne hat, man muß mit Menschen umgehen können und ein Gefühl entwickeln für das, was möglich ist.“ Bei den Läden kommen zum Beispiel immer wieder welche an, die wollen ein Musik-Café aufmachen: „Ich kann das Wort inzwischen nicht mehr hören!“ Bei den Häusern sind die Vorstellungen der Verkäufer oft überzogen: „Da braucht man Fingerspitzengefühl, um dem Besitzer das klarzumachen!“

Zunehmend suchen türkische Geschäftsleute Gewerberäume: „Die sehen leider erst mal die Frau in mir, und damit kann ich nicht umgehen. Für mich gilt erst mal die Person und dann die Frau. Als Frau bist du für die gar nichts.“ Freude kommt auf, wenn frau etwa exklusiv Dachgeschoß- Eigentumswohnungen vermakeln darf: „Da muß man aber auch an den Wochenenden arbeiten. Und leider gibt es zu viele gelangweilte Pärchen in der Stadt, die sich fragen: Was machen wir am Sonntag? Wir kieken uns ein paar hübsche Eigentumswohnungen an, und dann gehen wir abends schön essen.“

Solche Klienten verbittern die Maklerin: „Dachgeschoßlumpen“ nennt sie deswegen diese Nichtkäufer. Aber man muß als Makler „sowieso in erster Linie lernen, Niederlagen einzustecken“, und dann, daß „alle Objekte unter 1.000 Mark mehr Ärger und Arbeit als Geld einbringen“. Selbst im Erfolgsfall wird frau nicht richtig froh: „Die Hausverwaltungen kassieren gerne 50 Prozent der Provision als ,Beraterhonorar‘, ähnliche Abmachungen mit dem Hauseigentümer werden ,Teilungsgeschäft‘ genannt. Um Grundsteuer zu sparen, werden die Kaufverträge nicht selten niedriger angesetzt: statt 200.000 Mark kostet die Wohnung dann nur noch 150.000, der Rest wird schwarz rübergereicht: Vor allem in Sanierungsgebieten, wo die Verkaufspreise limitiert sind. Wenn mich jemand als Verkäufer zum Essen einlädt, dann werde ich meist schon mißtrauisch.“ Auch dann, wenn potentielle Mieter von einem „Frauenhaus oder so was“ reden: „Meist geht es dabei um Asylbewerber-Unterkünfte.“ Und die Mieter sind genau genommen ebenfalls Makler, die hernach die Wohnung oder das Haus an eine Sozialbehörde oder an einen Bordellwirt weitervermieten: „Ich hatte mal einen Fall, die haben eine Wohnung für 1.200 angemietet und sie über Anzeigen für 14.000 Mark weitervermietet. Selbst Kellerräume werden von solchen Leuten noch für 700 Mark weitervermietet, an Bauarbeiter etwa. Bei den teuren bereits eingerichteten Wohnungen für 2.000 Mark oder so, bei denen man bloß mit einer Zahnbürste einzuziehen braucht, kommt es vor, daß man sie ab Oktober mietet, aber erst ab Januar Miete zahlt, da läßt sich dann ein Vierteljahr lang was rausholen.“

Von derlei „Mißbrauch“ erfährt die Maklerin gelegentlich durch geschwätzige Briefträger: „Die geben mir auch Hinweise auf neue Objekte. Sogar aus dem eigenen Freundes- und Verwandtenkreis kommen Tips.“ Auf der anderen Seite hat der Immobiliensumpf Berlin jedoch auch seine „Handikaps“: Neben den vielen kaufunlustigen Kunden z.B. die hiesigen Gerichte, die durchweg als besonders „maklerfeindlich“ gelten, und das, obwohl oder weil Berlin auch noch die heimliche Hauptstadt der „Provisionspreller“ ist. Helmut Höge

wird fortgesetzt