Noch kein Grundstück gesichert

■ Die Gehag ist als Sanierungsträger und Treuhänderin des Senats aus dem Rennen. Die Bezirke haben Sorge, daß die Finanznot des Landes Berlin den Erwerb von Flächen für den Gemeinbedarf gefährdet

In Prenzlauer Berg ist es ein Gymnasium in der Saarbrücker Straße. In Friedrichshain eine Turnhalle in der Travestraße. Auch in den Sanierungsgebieten in Mitte sind Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Spielplätze geplant, auf Grundstücken, die privaten Eigentümern und nicht der Kommune gehören. Derartige Gemeinbedarfsflächen zu sichern bereitet dem Land Berlin derzeit arge Probleme.

„Rechtlich verpflichtet zum Erwerb ist der Bezirk, also der Bedarfsträger“, so Dieter Geffers, Referatsleiter für Stadterneuerung bei der Senatsbauverwaltung. Lediglich für den Fall, daß das nötige Kleingeld für den Kauf fehlte, was nach Aussagen der Bezirke allerdings die Regel ist, übernehme ein vom Senat beauftragter Treuhänder den Zwischenerwerb der Flächen. Bis vor wenigen Wochen war mit diesem Erwerb die Gehag, die Gemeinnützige Heimstätten-Aktiengesellschaft, beauftragt.

„Die Gehag war nicht in der Lage, in den letzten Jahren auch nur ein Grundstück zu sichern“, erklärte der Stadtplanungsamtsleiter in Prenzlauer Berg, Heinz Krause. Ob Inkompetenz oder ob die mangelnde Unterstützung der Treuhänderin zu dieser Negativbilanz führte, ist unklar.

Für Heinz Krause ist die Sparpolitik der Finanzverwaltung der Hauptgrund für die Erfolglosigkeit der Gehag. „Die Möglichkeit zum freihändigen Erwerb der Grundstücke existierte nicht.“ Ein Grundstück, auf dem ein Eigentümer ein Geschäftshaus errichten würde, hätte einen Verkaufswert von 1.000 Mark pro Quadratmeter. Wenn nun die Kommune komme und Gemeinbedarf anmelde, sinke die Summe auf 250 Mark. 40 Mark pro Quadratmeter, so Krause, hingegen betrage der Wert, wenn durch einen Bebauungsplan festgelegt werde, daß dort etwa eine öffentliche Grünfläche entstehen soll. Der Eigentümer genieße, wenn der Bebauungsplan feststeht, Rechtsschutz. Er könne mit einem Übernahmeverlangen den Abkauf der Fläche durch die öffentliche Hand fordern. „Der Senat will natürlich nur die 40 Mark zahlen“, so Krause.

Richtig teuer für die Kommune kann es jedoch werden, wenn Berlin nach vier Jahren das Grundstück immer noch nicht erworben hat. Soviel Zeit darf nach der ersten Ablehnung des Eigentümerantrags zur Errichtung eines Geschäftshauses maximal vergehen. „Danach kann der Grundstückseigner Schadenersatz fordern“, sagte Krause.

„Der Finanzierung von Gemeinbedarfsflächen und Folgeeinrichtungen und der notwendigen technischen Infrastruktur in den Sanierungsgebieten wird Priorität gegenüber anderen Bestandsgebieten in der Finanz- und Haushaltsplanung des Landes Berlin eingeräumt“, so Geffers. Er nannte die bescheidene Summe von 5 Millionen Mark im Jahr, die für die Zwischenerwerbe durch den Sanierungsträger des Senats zur Verfügung stehen. „Allerdings“, räumte er ein, „es sind nicht sehr viele Flächen, die treuhänderisch erworben werden müßten.“ Von einer Prioritätenliste, die mehrere Seiten umfaßt, spricht dagegen Stadtplanungsamtsleiter Krause. „Wir haben im Rahmen der städtebaulichen Verhandlungen schon vor einiger Zeit auch mit der Gehag am Tisch gesessen. Fast alle durch Bebauungsplanverfahren avisierten Grünflächen oder Schulen in den Sanierungsgebieten des Bezirks gehören nicht dem Land Berlin.“ Auch in Friedrichshain geht es nicht nur um das Grundstück für den Turnhallenneubau. Die Zeit drängt, die Eigentümer der Travestraße haben mit der Kommune bereits vor zwei Monaten ein Übernahmeverlangen vereinbart.

Die Senatsbauverwaltung teilte dem Bezirk Anfang dieser Woche jedoch mit, daß vorerst kein neuer Sanierungsträger zur Verfügung stehe. „Es hat bereits Verhandlungen mit einem neuen Treuhänder gegeben, Namen möchte ich jedoch noch nicht nennen“, sagte Dieter Geffers. Kathi Seefeld