„Videospiel im Kinderzimmer, PC im Büro“

■ Helmut Stein, Nokia-Manager, über das Verhältnis von Fernseher und Computer

taz: Herr Stein, sie sind Vizepräsident der Nokia Consumer Electronics und dort zuständig für die technologische Entwicklung. Außerdem arbeiten Sie an führender Stelle in der europäischen DVB-Gruppe mit, in der mehr als 130 Gerätehersteller, Rundfunkanstalten, Satelliten- und Kabelnetzbetreiber die technischen Standards für das digitale Fernsehen entwickeln. Was kann denn Ihre Zauberbox nun so alles?

Helmut Stein: Die Set-Top-Box hat Schnittstellen sowohl zum Fernsehen als auch zur Hi-Fi-Anlage, für Videospiele als auch zu Computern oder zu CD-ROM- Laufwerken. Wir denken nämlich, daß wir über diese Set-Top-Box viele Dienste, für die man heute einen PC braucht, auf einem gewöhnlichen Fernseher darstellen können. Sie ist mit hoher Rechner- und Speicherkapazität ausgestattet und besitzt eine hohe Intelligenz. Der Benutzer soll viel mehr als heute, und gerade auch außerhalb der Fernsehprogramme, empfangen können, zum Beispiel alle diese Dienste, die auf CD-ROM oder on line angeboten werden.

Das klingt nach der eierlegenden Wollmilchsau.

Die Set-Top-Box ist keine universelle Multimediamaschine, die den Computer ersetzt. Das wäre auch nicht sinnvoll, weil die Nutzungssituationen viel zu unterschiedlich sind: Der Fernseher ist ein typisches Gerät, mit dem mehrere Leute gleichzeitig etwas ansehen wollen. Da will man einen guten Klang haben, eine relativ einfache Bedienung und einen großen Bildschirm. Der PC ist dagegen ein Gerät, auf dessen Bildschirm in der Regel nur einer hinschaut, das aber ein komplizierteres Bediengerät zuläßt. Und genau darauf zielt unser Gerät. Das heißt, den PC nutzen Sie, wenn Sie Ihr Teleshopping machen. Sie wollen ja vielleicht Ihre Steuererklärung und die Ersatzteilbestellung für Ihren Staubsauger nicht unbedingt am Bildschirm im Wohnzimmer machen. Genauso wenig werden Sie sich den „Terminator 2“ mit der ganzen Familie auf dem kleinen PC-Monitor angucken wollen. Der Decoder wandelt einerseits digitale Signale für die analoge Weiterverarbeitung im herkömmlichen Fernsehgerät um. Andererseits dient er als Stellwerk für die unterschiedlichsten Signale zwischen Telefon, Computer, Hi-Fi-Anlage und Fernsehgerät.

Müssen wir demnächst unsere Wohnung unter der Wand noch einmal verkabeln, um die vielen Geräte in den verschiedenen Zimmern anzuschließen?

Eigentlich müßten wir das. Sie brauchen ja nur einmal in den Fernsehladen zu gehen und die ganzen Zubehörteile anzugucken für die Verdrahtung mit Kabeln, Zwischensteckern und allen Adapterstücken, die es gibt. Das ist kaum mehr beherrschbar. Wir denken deshalb darüber nach, wie man ein schnurloses System schaffen kann, das einfach diesen Datenstrom in jedem Raum verfügbar hält, ohne daß man dazu Löcher in die Wand bohren und Kabel verlegen muß. Man will ja nicht für jeden Raum eine solche Set- Top-Box für vielleicht 1.000 bis 1.500 Mark kaufen, bloß weil im Kinderzimmer einer ein Videospiel spielen, im Wohnzimmer ein anderer den Spielfilm sehen und im Büro jemand die Datenbank für seinen PC füttern will. Alle diese Endgeräte sollten schnurlos miteinander verbunden werden. Interview: Jürgen Bischoff