Immer mehr Lärm um Fonty

■ Ab heute liegt er in den Buchhandlungen. Der Streit um Günter Grass' neuen Roman geht weiter

Berlin (taz/dpa/epd) – Jetzt kann sich endlich das Publikum eine Meinung bilden. „Ein weites Feld“, der neue Roman von Günter Grass, ist ab heute für die Allgemeinheit zugänglich.

Der Streit um das Buch nimmt derweil immer absurdere Formen an. Im „Literarischen Quartett“ des ZDF gab Marcel Reich-Ranicki zu, das Spiegel- Titelbild gekannt zu haben – eine Montage, auf der er Grass' Roman zerreißt. Gegenüber der taz hatte er am Dienstag noch behauptet, nichts von der Gestaltung gewußt zu haben. Am Donnerstag alberte er vor laufenden Kameras: Die Anspielung auf Michelangelos „Moses mit den Gesetzestafeln“ sei zwar womöglich „ein wenig zu hoch gegriffen“, aber wenn die Montage den Verkauf des Spiegel fördere, sei er damit einverstanden.

Von wegen Michelangelo: Der Grafiker Klaus Staeck sieht die Sache anders. In einem offenen Brief an den Spiegel hat Staeck gegen den aktuellen Titel protestiert. Das Bild lasse „unheilvolle Assoziationen aufkommen“, schreibt er. Es überschreite das Maß des im „alltäglichen Medienzirkus“ noch Erträglichen. Staeck legte dem Brief einen Gegenentwurf bei, der an die „nationalsozialistische Bücherzensur“ erinnert. Er ergänzte die Montage mit den in Fraktur gehaltenen Schriftzügen „Vom Umgang mit Büchern. Eine deutsche Fortsetzungsgeschichte“. Sein Plakat versteht Staeck als „Geste der Solidarität“ mit Grass.

Aber nicht nur Staeck spielt die Nazi-Karte, die hierzulande noch immer sticht: Im „Literarischen Quartett“ hat Reich-Ranicki Grass vorgeworfen, er habe ein Verständnis von Literaturkritik „wie der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels“. Grass erwarte wie einst Goebbels, daß Literaturkritiker lediglich über den Inhalt eines Buches zu informieren hätten. Kritik müsse aber bewerten und urteilen, da müsse Grass belehrt werden.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve verteidigt Günter Grass und wendet sich gegen Reich-Ranicki . Er wirft dem Kritiker vor, es gehe ihm „schon längst nicht mehr um Kritik, sondern es geht um den Imagekampf des Kritiker gegen den Gegenstand seiner Arbeit. Der Kritiker hat endgültig die Autoren überholt.“ Jörg Lau

Kommentar Seite 10, Rezension Seite 13