Huairou hat sich schön gemacht

■ Wie die Kleinstadt sich auf die NGO-Konferenz vorbereitet

Peking (taz) – „Offiziell registriert für das Forum der regierungsunabhängigen Gruppen bei der Weltfrauenkonferenz 95“ verkündet die Plakette am Eingang einer Imbißstube im Zentrum des Städtchens Huairou. Der kleine Raum ist gerade frisch geweißt worden, auf den Tischen liegen schon die Plastikdeckchen. Im Lädchen nebenan hängen hübsche Bettüberwürfe und Tischtücher an den Wänden. Sie sind von Bäuerinnen der Provinz Zhajiang in Heimarbeit gefertigt und deshalb nach Auskunft des Verkäufers besonders preiswert.

Normalerweise werden hier Fußbodenbeläge verkauft, aber der Besitzer des Lädchens hat die Zeichen der Zeit erkannt und vermietet den Raum für die Zeit der Frauenkonferenz zu einem für beide Seiten vorteilhaften Preis. Gäste und KundInnen sind hier noch nicht zu sehen. Aber sie können kommen – und sie werden kommen. Denn diese Ladenzeile liegt nur wenige Schritte vom Hauptversammlungsgebäude des alternativen Forums entfernt. Zu diesem am Mittwoch beginnenden Gipfel der regierungsunabhängigen Gruppen, der NGOs, werden zwischen dreißig- und vierzigtausend Frauen aus aller Welt erwartet. Die Geschäftswelt von Huairou, dem fünfzig Kilometer von der Pekinger Innenstadt entfernten Vorort, jedenfalls ist bereit.

Auf der Tribüne des Sportplatzes, auf dem sich bald Zehntausende Frauen versammeln werden, proben am Wochenende einige Herren das Lautsprechersystem. Sie sind merkwürdigerweise als „nationale Minderheiten“ gekleidet, einer geht als tibetischer Mönch, ein anderer trägt einen dekorativen Sarong, der dritte einen schimmernden Brokatanzug und dazu einen Hut mit wippender Feder. Auf dem Platz unterhalb des Podestes stehen in Reih und Glied Hunderte von Tischen mit Sonnenschirm und Gartenstühlen, Sicherheitskräfte schlendern über das Gelände.

Auch an Miettoiletten hat man gedacht

In den umliegenden Straßen sind zahlreiche Reinigungstrupps unterwegs, vielfach frisch eingekleidet und bereits mit einem Dienstausweis der Weltfrauenkonferenz versehen. Andere wässern die Bäume und frisch aufgestellte Blumentöpfe, streichen an, was noch weißer Farbe bedarf. Eilig hochgezogene Wohn- und Geschäftshäuser werden verputzt. Auch an dem Plenarsaal, der zum Kino umgebaut wird, arbeitet man. Es wird jedoch kaum noch fertig werden.

Bunte Fähnchen säumen die Straßenränder, Bushaltestellen für den Pendelverkehr sind eingerichtet. Man scheint an alles gedacht zu haben: Unzählige Miettoiletten wurden an den entscheidenden Plätzen aufgestellt – sie sind überwiegend für Frauen, wie die kleinen Schildchen an der Tür verraten. In nur fünf Monaten wurde die Stadt auf Hochglanz gebracht. Nun begrüßen zahlreiche Transparente die Besucherinnen auf chinesisch und englisch.

Numerierte Hinweisschilder am Straßenrand weisen auf Konferenzstätten und NGO-Forum-Hotels, die mehrere Kilometer weit über ganz Huairou verstreut sind. Formvollendet lächelt ein leuchtend rot livrierter Portier vor dem Longshan-Hotel, eine der zentralen Unterkünfte für die Konferenzbesucherinnen.

Drinnen aber sind die jungen chinesischen Männer und Frauen, die sich hinter der Rezeption drängeln, völlig überfordert, als sie auf englisch nach einer Karte gefragt werden, auf der die Konferenz-Gebäude und Versammlungsplätze eingezeichnet sind. Schließlich findet sich ein solcher Plan – zu kaufen ist aber nur die chinesischsprachige Version. Konfusion. Schließlich hellen sich die Mienen auf: Auf der Rückseite gibt es tatsächlich eine englische Übersetzung – die touristischen Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Jutta Lietsch