„Ich dachte mir, ich mach' das alleine“

■ Baustadträtin Romberg: Kritik von CDU und SPD, aber auch aus grünen Reihen

Erika Romberg gibt nicht auf. Die bündnisgrüne Kreuzberger Baustadträtin steht gestern morgen in dem Robinienwäldchen auf dem Anhalter Bahnhof. „Das ist der einzige Wald, den wir in Kreuzberg haben“, sagt sie. Und sie will verhindern, daß das „wertvolle Biotop“ zerstört wird, weil dort nach dem Willen von SPD und CDU das neue Tempodrom gebaut werden soll. Immerhin weiß sie den Landesbeauftragten für Naturschutz und den Bund für Umweltschutz hinter sich.

Denn auf dem Hochgelände steht der einzige Mittelgebirgsbrombeerstrauch in ganz Berlin. Auf dem Gelände leben vom Aussterben bedrohte Tiere wie die blauflügelige Ödlandheuschrecke. Hier wachsen Berg- und Flatterulmen, die ebenfalls vom Aussterben bedroht sind. Romberg, deren scharzer Aktenkoffer ein Anti- Atomkraft-Aufkleber ziert, kann die Paragraphen auswendig, die den Sandtrockenrasen schützen.

Sie war entschieden gegen den Neubau des Tempodroms auf dem Anhalter Bahnhof, jetzt will sie dafür sorgen, daß der Öko-Bau auf dem vorderen Teil des Anhalter Bahnhofs gebaut wird.

Da ist sie hartnäckig, auch wenn ihr Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD) die Zuständigkeit für den Bebauungsplan entzogen hat. Dabei war es im vergangenen Jahr zuerst Rombergs Idee gewesen, das Tempodrom auf dem Anhalter Bahnhof unterzubringen – allerdings nur vorübergehend, bis das Kulturprojekt eine neue Bleibe habe. Damit brachte sie Strieder auf eine Idee, die sie fortan heftig bekämpfte.

Die CDU-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung quittierte Rombergs Vorlage zum Bebauungsplan vergangene Woche mit einem Abwahlantrag. Verärgert ist die CDU auch, weil Romberg während Strieders Sommerurlaub als amtierende Bezirksbürgermeisterin dem Blumengroßmarkt Flächen kündigte, um eine Grünanlage zu bauen. „Ich dachte mir, ich mach' das alleine. Wenn man was bewegen will, muß man ab und zu zuschlagen“, sagt Romberg selbstbewußt über ihren Coup, der im Kreuzberger Amt nach wie vor umstritten ist.

Aber auch politische Freunde üben Kritik an der zierlichen 36jährigen mit der knallgrünen Strähne im Haar. Rainer Sauter vom Verein SO 36 vermißt in ihrer fast fünfjährigen Amtszeit die „vorwärtsweisende politische Führung“. Romberg sei eine „gute Fachfrau“ und „sehr engagiert“, sei aber nicht offensiv genug. Sie gehe zuwenig an die Öffentlichkeit und versäume es, zu wichtigen Themen Diskussionsforen im Bezirk zu schaffen.

Er habe auch den Eindruck, daß sie von ihrer Fraktion nicht genügend unterstützt werde. „So verheizt man gute Leute“, sagt Sauter. „Gegen Strieder, der sie bei jeder Gelegenheit gängelt, müßte sie sich einmal öffentlich wehren“, wünscht sich der Mieterberater.

„Ziemlich enttäuscht“ ist der frühere grüne Baustadtrat Werner Orlowski von Rombergs Amtsführung. Seine Bedenken, eine Hamburgerin nach Kreuzberg zu holen, hätten sich „bedauerlicherweise bestätigt“. „Sie hat sich redlich Mühe gegeben“, sagt Orlowski, „aber sie hat wenig bewirken können.“ Orlowski kritisiert, daß sie wenig Kontakt zu den Stadtteilinitiativen hat. Aus dem Stadtplanungsamt höre er Klagen, daß sie zu wenig mit den Mitarbeitern rede. Orlowski beschreibt Romberg als „ziemlich isoliert“. Er wirft ihr außerdem vor, „stur ihre eigene Linie zu verfolgen“, auch wenn nichts mehr zu machen sei. „Sie hat sich selbst zuviel zugetraut“, so sein Resümee.

Fragt man die grüne Bürgermeisterkandidatin danach, was sie in den vergangenen fünf Jahren erreicht hat, kommt Kleinteiliges: das Wäldchen am Gleisdreieck hätte vor der debis-Baulogistik gerettet werden können, „mit Beharrlichkeit“ habe sie alle ursprünglich genehmigten Tempo-30-Zonen gegen den Verkehrssenator durchgesetzt. Und schließlich sei am Rathaus Kreuzberg eine Kinderwagenrampe gebaut worden. Dorothee Winden