Palästinensische Büros müssen schließen

Die israelische Polizei geht gegen drei Institutionen in Jerusalem vor. Dabei wird es vermutlich nicht bleiben. Bürgermeister Olmert ist vor allem das Orient-Haus ein Dorn im Auge  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die israelische Polizei hat gestern die Schließung dreier palästinensischer Einrichtungen im annektierten Ostteil Jerusalems angeordnet. Die Order muß bis Freitag ausgeführt werden. Andernfalls wollen die israelischen Behörden die drei Büros noch vor dem Wochenende versiegeln.

Es handelt sich dabei um die Büros der PBC (Palestinian Broadcasting Corporation), der palästinensischen Zentrale für Statistik und des palästinensischen Gesundheitsrats. Der israelische Polizeiminister Mosche Schahal gab bekannt, daß im Sinne eines neuen Regierungsbeschlusses jetzt auch die Schließung weiterer Jerusalemer Institutionen der Palästinenser – darunter das Orient-Haus – erwogen wird.

Die palästinensische Selbstverwaltungsbehörde in Gaza hat gegen die Schließungsbefehle protestiert und sie als grobe Verletzungen bestehender Abkommen bezeichnet – vor allem des Kairoer Vertrags über die Umsetzung der Autonomie zwischen Israel und der PLO. Feisal Husseini, PLO- Vertreter in Jerusalem, hob hervor, daß die Schließungsbefehle im schroffen Gegensatz zum Osloer Grundsatzabkommen stehen. Gleichzeitig, so betonten verschiedene palästinensische Führer, torpedieren die israelischen Maßnahmen den weiteren Friedensprozeß.

Ministerpräsident Jitzhak Rabin hat der Schließung der palästinensischen Institutionen persönlich zugestimmt. Außenminister Schimon Peres ist darüber jedoch nicht glücklich, weil er die israelisch-palästinensischen Verhandlungen über eine Ausweitung der Autonomie auf die Westbank („Oslo Zwei“) schnell zum Abschluß bringen will und befürchtet, daß ein weiterer Konflikt die geplante Unterzeichnung des Vertrags in Washington in Frage stellen könnte. Die israelischen Behörden stehen auf dem Standpunkt, daß palästinensische Institutionen in Ostjerusalem, die mit Jassir Arafats Selbstverwaltungsbehörde in Gaza verbunden sind, gegen ein israelisches Gesetz verstoßen, das jedwede Tätigkeit der palästinensischen Selbstverwaltung in Jerusalem untersagt.

Regierung gibt dem Druck der Opposition nach

Der Zeitpunkt für die schon lange in Erwägung gezogenen Schritte gegen die palästinensischen Einrichtungen hat mit dem wachsenden Druck der Opposition zu tun, mit dem die Regierung im Zusammenhang mit „Oslo Zwei“ zu Fall gebracht werden soll. Der Bürgermeister von Jerusalem, Ehud Olmert (Likud) und andere Führer der Oppositionsparteien haben die gegenwärtigen Maßnahmen der Regierung gegen die Palästinenser in Ostjerusalem begrüßt, verlangen jedoch „noch weit mehr in dieser Richtung“.

Von palästinensischer Seite wird darauf hingewiesen, daß die Ostjerusalemer Institutionen, deren Schließung Israel fordert, nur der Bevölkerung vor Ort dienen und teilweise schon vor der Unterzeichnung des Osloer Grundsatzabkommens existierten. Das Jerusalemer Gesundheitsamt ist relativ neu, hat jedoch nichts mit der Selbstverwaltungsbehörde in Gaza zu tun. In der vergangenen Woche protestierten die Führer der Jerusalemer Palästinenser gegen eine „bestandsaufnehmende und warnende“ Razzia der israelischen Sicherheitsbehörden in den Büros von mehr als einem Dutzend palästinensischer Organisationen in Ostjerusalem. Palästinenser sehen in all diesen Schritten Versuche, den Status quo zugunsten von Israel zu ändern – ein Jahr vor Beginn der Verhandlungen über die Zukunft der Stadt.

Im Orient-Haus, dessen Schließung ein Hauptziel des Jerusalemer Bürgermeisters ist, empfing Feisal Husseini am Samstag 250 israelische Akademiker, Schriftsteller, Künstler, Journalisten und Vertreter verschiedener Friedensorganisationen, die ihre Solidarität mit der Jerusalemer palästinensischen Bevölkerung und deren Rechten zum Ausdruck brachten. Unter den Anwesenden waren auch die Initiatoren einer Unterschriftenaktion, in der gefordert wird, daß ein geeintes Jerusalem die israelische und die palästinensische Hauptstadt sein soll.