piwik no script img

SanssouciNachschlag

■ Jane und kein Tarzan: Confederacy of Fools im Stükke Theater

Chronologie des One-night-Stands: Ein Mann und eine Frau haben sich in der Kneipe kennengelernt, er hat kräftig gebaggert, sie ist mit ihm in die Wohnung gegangen. Der weitere Ablauf scheint klar – für ihn zumindest. Aber der Weg vom Küchentisch zum Bett kann lang und steinig sein. Tony Dunhams „Frauen, Frust und Fruchtbarkeit“ setzt in dem interessanten Moment ein, als das angeheiterte Paar die Wohnung betritt. Nach „Liebe, Sex und Therapie“ und „Traumfrau verzweifelt gesucht“ ist dies das dritte Dunham-Stück, das der Autor und seine Kölner Confederacy of Fools in Berlin zeigen, und immer noch geht es um das Liebesleben junger Großstadtbewohner. Das ist ein beliebtes Terrain voller Klischees, aber Dunham stellt diese immerhin auf den Kopf.

Jane, die Abgeschleppte, geht auf die Balzrituale des eitlen Journalisten Tarquin ein und macht sich gleichzeitig boshaft über sie lustig. Im alten Party-Spiel „Was machst du, und wie alt bist du“ ist sie besser – Tarquin erzählt viel und erfährt selbst nichts. In ausgefeilten Lügengeschichten spielt Jane mit der weiblichen Opferrolle und stellt sich mal als ausgebeutete Geliebte eines verheirateten Mannes, mal als mißbrauchte Tochter dar. Schon bald sieht sich der Platzhirsch in die Enge getrieben. Jane liest seine Post, legt die Füße auf seinen Tisch, fuchtelt mit dem Brotmesser, kurz: Sie ist nicht mehr loszuwerden. Der Mann fühlt sich belästigt, der Mann hat Angst und sucht fremde Hilfe.

Volker Kopka und Tanja Haase Foto: f&k

Ob die beiden flirten oder streiten: Immer klingen die Dialoge so echt, als hätte Dunham irgendwo Wanzen installiert und das Erlauschte abgeschrieben. Liebevoller 1:1-Realismus beherrscht auch die Single-Küche auf der Bühne, in der von der Tupperware bis zum laschen Weißbrotrest aber auch alles stimmt. Tanja Haase, das gefährliche Girlie mit Zöpfen und Flatterkleidchen, nimmt den Raum sofort in Besitz. Weit streckt sie die Beine aus und hängt den Arm über die Stuhllehne. Volker Kopkas artiger Chauvi zieht sich angesichts dieser Kampfansage immer mehr auf ein freundliches Teddybärlächeln zurück. Eine recht einsilbige Körpersprache, die das Verhältnis der beiden auf den Punkt bringt, aber eben nur auf einen Punkt. Und das, wo sogar die Namen der Protagonisten sprechen: Jane erinnert an Tarzans Gespielin, aber auch an die Schwertjungfrau Johanna. Und Tarquin, der nette Gastgeber, heißt wie der berühmteste Vergewaltiger der Antike – und wäre so gerne Tarzan. Miriam Hoffmeyer

Bis 19.9., Fr-Di, 21 Uhr, Stükke Theater, Hasenheide 54

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen