Alles Gute kommt von oben

Die „Initiative für den Erhalt des Flughafens Tempelhof“ kämpft für Urbanität und entlarvt Flughafengegner als rückständige Querulanten  ■ Von Heike Blümner

Die Argumente der Gegner des Flughafens Tempelhof lassen Bernhard Liscutin in die Luft gehen: „Die Diskussion muß endlich versachlicht werden“, fordert er. Zweihundert KämpferInnen gegen die Schließung des Flughafens Tempelhof hat der Verkaufsdirektor der belgischen Fluggesellschaft Sabena um sich geschart und am vergangenen Samstag die „Initiative für den Erhalt des Flughafens Tempelhof“ (ICAT) gegründet. Nun sollen Fakten auf den Tisch kommen, um den Gegnern des Flughafens, denen eine „unversöhnliche Verbissenheit“ vorgeworfen wird, den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Die harten Fakten werden von Leuten zusammengetragen, die durchweg Mitarbeiter des Flughafens Tempelhof sind. Wer könnte besser um die Segnungen eines Zentralflughafens Bescheid wissen als die, die dort täglich ein und ausgehen? Außerdem, so Liscutin, gibt es eine ganze Reihe „ältere Leute, die hier seit Jahren wohnen und sich fragen, warum der Flughafen weg soll“.

Die Anwohner der angrenzenden Bezirke beschweren sich über den Lärm und Gestank, der von den Flugzeugen ausgeht. Barbara Weidinger, die in Tempelhof lebt, hält die Gründung der Interessengemeinschaft für einen groben „Zynismus“. Von 6 bis 22 Uhr täglich dürfen Maschinen von Tempelhof aus starten und landen. Bei Ostwind „steht das Kerosin im Garten“, resümiert Weidinger ihre Erfahrungen. Das Kind ihrer Nachbarin fängt bei den heranbrausenden Flugzeugen regelmäßig an zu weinen, sie selbst träume nachts häufiger von Flugzeugabstürzen.

Doch solche Erfahrungen werden bei der ICAT als „emotional“ kategorisiert. Internationaler Flugverkehr sei schließlich die kulturelle, wirtschaftliche und kommunikative Bereicherung für eine Metropole wie Berlin. Von ein paar dünnhäutigen Schlaflosen lassen sich die weltgewandten Flughafenbefürworter im Kampf um wahre Urbanität nicht in die Ecke treiben.

Längst haben sie die Gegner als rückständige Querulanten enttarnt, „die nur sich selbst brauchen und nicht die Menschen, Waren und Gedanken aus anderen, fernen Städten, Siedlungen und Ländern“. Zum Glück gibt es jedoch Menschen, die ob so viel von oben hereinschwebenden, menschlichen Wohltaten den Lärm ritterlich auf sich nehmen. Liscutin, der selbst in Neukölln wohnt und bei dem die Flugzeuge „am Fenster vorbeibrausen“, engagiert sich für das Wohl der gesamten Stadt, und auch seinen Nachbarn machen die Flieger nichts aus.

Weiteres Argument der ICAT ist der kostspielige provisorische Ausbau Schönefelds. Anstatt Millionen in die Erweiterung dieses Flughafens zu pumpen, der aufgrund seiner Lage am südlichen Rand von Berlin für viele Reisende unattraktiv sei, solle man besser das Flugaufkommen auf alle drei städtischen Flughäfen verteilen. Eine Schließung von Tempelhof würde ohnehin nur das Autoverkehrsaufkommen erhöhen, was zu noch mehr Lärm und Abgasen führen würde. Überhaupt steht für die ICAT fest, daß Lastwagen lauter sind als Flieger und Autos mehr Abgase produzieren. Freiflüge anstatt Stau – bestimmt wären mit dieser These auch noch die letzten Kontrahenten umzustimmen.