Mehr Rechte für Nichtverheiratete und WGs

■ SPD will alternative Lebensformen gesetzlich regeln – aber nicht die Ehe antasten

Bonn (taz) – Die SPD will Wohn- und Lebensgemeinschaften zu einer soliden rechtlichen Position verhelfen. „Bisher sind diese Lebensformen im Gesetz noch gar nicht definiert“, sagte Rechtspolitikerin Margot von Renesse (SPD) gestern und legte einen Antrag vor, der innerhalb der Fraktion noch im Detail beraten werden muß. Mit dem Antrag reagiert die SPD auch auf den umstrittenen Vorschlag von Gesundheitssenator Seehofer, laut dem WG-Bewohner füreinander unterhaltspflichtig werden sollen. „Wie sollen die denn nachweisen, was sie sind, wenn der Gesetzgeber das selber nicht weiß“, kritisiert von Renesse.

In dem von ihr und der Vorsitzenden der Querschnittsgruppe „Gleichstellung von Frau und Mann“, Ulla Schmidt, erarbeiteten Papier sollen Wohngemeinschaften und nichteheliche Lebensgemeinschaften klar voneinander unterschieden werden: In ersterer leben Menschen, die eine Wohnung oder ein Haus zusammen nutzen. Bei Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaften teilen die Beteiligten ihr Einkommen untereinander auf und treten füreinander ein.

Nach den SPD-Vorstellungen sollen Menschen, die in Lebensgemeinschaften leben, künftig erbberechtigt „vor Verwandten der dritten Ordnung“ sein, sofern die Lebensgemeinschaft ein Jahr bestanden hat. Mitglieder einer Lebensgemeinschaft sollen auch im Krankheits- oder Todesfall „Dritten gegenüber Auskunftsrechte wie Familienangehörige“ bekommen. Beides gilt für WG-Bewohner nicht. Während Wohngemeinschaften ohne „sozialhilferechtliche Konsequenzen bleiben sollen“, müßten für Lebensgemeinschaften, sofern sie bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe herangezogen würden, auch die steuerlichen Vergünstigungen gelten, fordern die SPD-Frauen. „Denn was der Staat spart, muß den Betroffenen auch bei der Steuervergünstigung angerechnet werden.“ Nichtehelichen Lebensgemeinschaften sollen aber keine Eheverpflichtungen aufgedrückt und der Anspruch auf Unterhalt soll nur in „äußerst seltenen Fällen“ gewährt werden, betonte Schmidt.

Das SPD-Papier ist keine familienrechtliche Regelung. „Die Institution der Ehe wird mit unserem Antrag nicht berührt und folglich auch nicht die Verfassung“, sagte von Renesse. Deswegen brauche die SPD für ihren Antrag nur eine einfache Mehrheit im Bundestag. Sie hofft, daß es „trotz des hinhaltenden Widerstands in der Koalition noch in dieser Legislaturperiode zu einer ernsthaften Diskussion kommen wird“. Karin Nink