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Totgesagt, auferstanden – und nun doch wieder totgesagt: Als „Waterworld“ beim Start in den USA nur wenige in die Kinos lockte, waren sich Experten einig, daß das Monumental- epos seine immensen Produktionskosten nie einspielen würde. Der mit 200 Millionen US-Dollar teuerste Film aller Zeiten soll jetzt in Übersee reüssieren. Heute werben Co-Produzent und Hauptdarsteller Kevin Costner und sein Gegenpart Dennis Hopper in Berlin für das feuchte Stück: Deutschland-Start des Wasserspiels am 21. Septembe Von Mariam Niroumand

Der mit dem Wasser planscht

Noch während der Dreharbeiten vor Hawaii kreisten die Pressehubschrauber wie Geier über den kostbaren Kunstatollen, fuhren mit Riesenkameras auf Schnellbooten vorbei und erschienen Kollegen der Branchenbibel Daily Variety als Tiefseetaucher auf dem Set, nur um das programmierte Desaster unmittelbar in Augenschein zu nehmen.

Ursprünglich mit 65 Millionen Dollar veranschlagt, galoppierte „Waterworld“, das neueste Epos aus dem Hause Costner (Regie: Kevin Reynolds), schnell von 100 auf 120 Millionen, noch bevor ein einziger Take im Kasten war. Inzwischen bei 200 Millionen angelangt, ist der Film aber keineswegs ein Flop. Letztes Wochenende noch spielte er in den USA fünf Millionen Dollar ein – nach vier Wochen 70 Millionen. Zusammen mit den Erträgen aus dem Verkauf von Spielzeug-Trimarane und Mariner-Hemdchen sowie vor allem dem Übersee-Export – ohne den auch „True Lies“, „Alien 3“ oder „Die Hard 2“ gnadenlos gefloppt wären – wird „Waterworld“ wahrscheinlich seine Kosten langfristig einspielen. Nur im Moment sieht es wieder düster aus: In England, wo der Film seit zwei Wochen läuft, fallen die Besucherzahlen täglich.

Aber es wäre kein Costner-Projekt, wenn es nicht mit einem Bein am Abgrund stünde. Von „Robin Hood“ über „JFK“, den Baseballfilm „Feld der Träume“ oder „Der mit dem Wolf tanzt“ bis hin zur Dokumentationsserie „500 Nations“, die die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner erzählt, arbeitet Costner an einem Epos des Native American, dessen letzte – aber wirklich letzte! – Inkarnation naturgemäß er selbst ist. Daß seine letzten Filme, der Kinderschützerfilm „Perfect World“ oder der Western „Wyatt Earp“, kläglich scheiterten, tut nichts zur Sache. Im Gegenteil, man glaubt ihm den Robinson Crusoe.

Rauh, ehrlich, körperbetont und vor allem unabhängig ist auch Mariner, der Protagonist von „Waterworld“. Der Trimaran, mit dem er auf dem Wasser treibt, seit die Eiskappen der Pole geschmolzen sind, ist ein geschlossenes Selbstversorgersystem, das in seiner rostigen Eleganz an Duchamps Junggesellenmaschine erinnert. Aus der Froschperspektive zeigen die ersten Szenen des Films, wie Mariner Costner in ein Glas uriniert, es in seinem Apparat hin- und herpumpt, um es schließlich als reinstes Wasser trinken zu können; es bleibt sogar noch ein wenig zur Versorgung des Tomatenstrauchs. „Waterworld“ ist die düstere Welt der Post-Apokalypse, eine Art Mittelalter auf dem Wasser, wo die Menschen trockene Erde verehren wie ihre Vorfahren das Gold. Tief unter dem Meeresspiegel liegen die Ruinen der Städte, zu denen Mariner, Halbfisch, der er ist, ab und an mit einem Schaudern hinabtauchen kann. Solchermaßen mit den genealogischen Urgründen des Menschlichen verzahnt – er kommt aus dem Wasser und muß zu Wasser werden –, entpuppt sich Costner als der kalifornische Erzhippie, der er all die Jahre hindurch heimlich gewesen ist: Ein bißchen New-Age-Ökologie und Großstadtfeindlichkeit, ein bißchen Urchristentum und jede Menge Jeffersonsche Einfachheits- und Demokratievorstellungen pflasterten seinen Weg.

Apropos: Costner, der ja seit „Der mit dem Wolf tanzt“ offiziell als Indianerfreund auftritt, liegt mit den Sioux-Aktivisten im Clinch. Er will im US-Bundesstaat South Dakota mit seinem Bruder 250 Hektar Land von der Regierung kaufen und zu einer Golfanlage ausbauen – Land, das den Sioux angeblich 1877 illegal weggenommen worden ist. Die Sioux betrachten es als heilig, Kevin aber auch: „Die gesamte Erde ist mir heilig.“ Gut gegeben!

Der Mariner also reist mit dem kostbaren Dreck, den er aus den Ruinen des versunkenen New York geborgen hat, zu einem der beiden verbliebenen Atolle, um diesen Dreck zu Gold zu machen. Das Atoll ist eine drehbare Riesenanlage aus 1.000 Tonnen Heavy Metal, die mit ihren Waffenarsenalen, Windmühlen, Handelsstationen, einer Entsalzungsanlage und diversen Türmen ein Grund für die Kostenexplosion des Films war. Zu der Anlage des Atolls gehörte auch noch eine Sklavenkolonie. Eines Morgens war sie nicht mehr zu finden. Anrufe überall, Wasserschutzpolizei, Hubschraubersuche – alles vergebens, die Kolonie war schlicht versunken.

Man glaubt Costner den Robinson Crusoe

Die Bewohner des Atolls wollen Mariner, den Halbfisch, bewegen, eine ihrer Frauen zu beschlafen. Er aber will nicht, Costner, dessen Scheidung während der Dreharbeiten amtlich wurde, muß Fliegender Holländer bleiben. Zur Flucht verhilft ihm Helen in Fischanzug und ohne erkennbares schauspielerisches Talent, unter der Voraussetzung, daß er sie und das Waisenkind Enola mit an Bord seiner Junggesellenmaschine nimmt. Hier nun entpuppt sich der Film als der vergnüglichste Schund, der je für soviel Geld hergestellt wurde. Diese Zwangsfamilie kann sich zunächst nicht leiden. Wenn sie zuviel reden, schneidet der Mariner ihnen spontan die Haare ab oder schlägt mit dem Ruder nach ihnen. Universal Pictures, die von „Der mit dem Wolf tanzt“ noch wissen, daß Costner vor allem Filme für Frauen macht, wollten unbedingt eine richtige Liebesgeschichte, aber Costner lehnte ab.

Mariners Gegenspieler sind die „Smoker“ (!), von Dennis Hoppers einäugiger Person geführt, der sie stets in Papst-Hitler-Heavy- Metal-Führerpose zusammenruft: „Smokers, I have a vision! I'm talking progress here!“ Die Smoker sind Piraten, mit Zigarette im Mund, Sonnenbrillen, Lederkluft und brutalem Grinsen. Ihr Schiff übrigens, ein außerhalb von Los Angeles stillgelegter Supertanker, wird durch ein Schild kurz als die „Exxon Valdez“ ausgewiesen ...

Wenn die Smoker angreifen, kann der Trimaran in Windeseile einen 30 Meter hohen Mast ausfahren, 30 Knoten schnell fahren und aus diversen Rohren schießen. Es ist ungefähr so lustig wie Hulk Hogan gegen Eisenbert und erinnert fatal an die Mad-Max-Serie. Das gilt für die Heavy-Metal-Kostüme, die Farbmischung aus Meeresblau, Rostbraun und Feuerrot und vor allem die Dialoge, die einen schon nach wenigen Minuten unter dem Sitz liegen und nach Luft winseln lassen. Als old Helen (Der Name allein! Helen! Von Troja, was?!) in zugegebenermaßen umständlichen Worten etwas zu essen verlangt, grunzt Mariner: „Hast du schon mal versucht, einfach mal still zu sein. Den Sound der Welt zu hören? Sie ist uns bloß geliehen, weißt du!“

Auf dem Rücken des Kindes Enola ist eine Karte vom fernen „Trockenland“ eintätowiert, hinter der die Smoker her sind und die aber niemand entziffern kann (auch christliche Hippie-Philosophie: Ein Kind wird euch den Weg zeigen). Das prächtige grüne Land, auf das sie schließlich treffen, eine Insel mit Kokosnüssen, hilfsbereiten Tieren und perlweißem Sand, entpuppt sich als Japan. Mariner kann dort natürlich nicht bei Frau und Kind bleiben. Er muß, Fliegender Holländer, der er ist, wieder aufs Meer hinaus.

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