Ehre für Deserteure

■ Nach langem Hin und Her wird Denkmal in Erfurt übermorgen enthüllt

Erfurt (taz) – Die Stadt Erfurt bekommt nach wochenlangem Streit nun doch ihr Denkmal für den unbekannten Wehrmachts- Deserteur. Die Plastik des Künstlers Thomas Nicolai wird am 1. September, dem Antikriegstag, enthüllt. Finanziert wird die etwa 50.000 Mark teure Installation durch Spenden an eine örtliche Initiative, die sich für ein solches Denkmal einsetzt. Die Stadt Erfurt stellt lediglich das Gelände.

Wie die taz berichtete, hatte sich der Erfurter Oberbürgermeister Manfred Ruge (CDU) über einen positiven Stadtratsbeschluß vom März diesen Jahres hinweggesetzt und am 10. August einen Baustopp verhängt. Offizielle Begründung: Das Denkmal sei künstlerisch nicht wertvoll genug. Zuvor hatten führende Politiker der Thüringer CDU gegen das Denkmal polemisiert, an ihrer Spitze Ministerpräsident Bernhard Vogel. Die Ehre von „Millionen Wehrmachtssoldaten“, die bei der Fahne geblieben waren, werde mit dem Denkmal verletzt, so Vogel. Diese hätten „ihre Pflicht getan und tapfer gekämpft“.

Laut der Initiative für das Denkmal hat Bürgermeister Ruge für den Baustopp ein Votum der städtischen Kunstkommission instrumentalisiert. Diese hatte sich zwei Monate zuvor gegen den vorliegenden Denkmalsentwurf ausgesprochen. Wie Jutta Bürgin von der Denkmalsinitiative der taz sagte, hat die Kunstkommission jedoch nur bei städtischen Aufträgen ein Eingriffsrecht und das Recht der Auftragsvergabe. In diesem Fall seien aber keine öffentlichen Gelder im Spiel gewesen. Außerdem habe die Initiative die Kunstkommission in ihre Entscheidungen eingebunden.

Der Eingriff des direkt gewählten CDU-Bürgermeisters Ruge wurde vorgestern abend bei einer Sondersitzung des Stadtrats von der Mehrheit der Ratsmitglieder (SPD, PDS, Grüne) wieder rückgängig gemacht. 25 Abgeordnete stimmten für das Deserteur-Denkmal, 18 dagegen, 4 enthielten sich der Stimme. kotte