Doppelmoral?

■ „Kein Frieden für Chinas Atomte ster“, „Glaubwürdig für Moru roa“, „Teil des bösen Spiels“, taz vom 16.8.1995

Das Greenpeace-Aktiönchen auf dem Platz des Himmlischen Friedens zeigt überdeutlich, warum wir sogenannten Friedensbewegten uns so leicht tun, wegen Chiracs Versuch, Stärke zu demonstrieren französische Waren zu boykottieren, Chinas Atomversuche aber so gut wie ignorieren.

Gewaltlose Aktionen können nur dann etwas bewirken, wenn zum einen eine Form von Öffentlichkeit besteht und zum anderen die Regierungen von der öffentlichen Meinung abhängen. Schon die Aktionen Gandhis wären zum Scheitern verurteilt und deshalb unverantwortlich gewesen, wenn die englische Presse nicht eine entsprechende Öffentlichkeit hergestellt und damit Druck auf die Regierung ausgeübt hätte.

Im Falle Frankreichs und Chiracs gibt es Hoffnung, etwas zu erreichen, bei den Chinesen sind wir machtlos: Der französische Regierungschef ist demokratisch gewählt, also abwählbar und von der öffentlichen Meinung abhängig; Frankreich als wirtschaftliche wie militärische Mittelmacht ist auf seine Partner angewiesen.

In China dagegen gibt es keine öffentliche Meinung, die nicht von der Regierungsclique gesteuert wäre, und von der Weltmeinung ist das 1,2-Milliarden-Reich nicht abhängig, das zeigte das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens zur Genüge.

Der Vorwurf, mit verschiedener Elle zu messen, kann also nur als ein böswilliger Versuch gesehen werden, das Umwelt- oder Friedensengagement weiter Bevölkerungsschichten zu diskreditieren. Peter Ritter, Heidelberg