„Kündigungskrieg“ an der Charité

■ Behinderte Mitarbeiter der Klinik klagen über Psychostreß, Mobbing und Prozeßwut der Verwaltung

Charité heißt Barmherzigkeit, doch gegenwärtig macht die Universitätsklinik ihrem Namen keine Ehre. Das Krankenhaus führt vor Gericht einen „zermürbenden Kündigungskrieg“ gegen zwölf behinderte Mitarbeiter, so der Vorwurf der Schwerbehindertenvertretung der Charité.

Ihre Stellen sollen im Zuge der Personalübernahme nach dem Berliner Hochschulgesetz in befristete Stellen umgewandelt werden. Die Hauptfürsorgestelle, die der Kündigung von behinderten Mitarbeitern zustimmen muß, hat in allen Fällen ein auch für die Charité verbindliches Veto eingelegt. Doch die Charité klagt dagegen vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Im Fall des behinderten Mediziners Peter Falck verlor die Charité, ging aber in die nächste Instanz. Falck erhielt die Vorladung des Oberverwaltungsgerichtes drei Tage bevor er am 9. Juli an seinem Krebsleiden starb.

Neben den 12 Behinderten wehren sich 98 weitere Mitarbeiter gegen die Befristung ihrer Stellen, die Ende des Jahres auslaufen sollen. Doch nicht nur die Prozesse machen den Betroffenen zu schaffen. 9 Behinderten und 21 Nichtbehinderten, die als wissenschaftliche Mitarbeiter an der medizinischen Fakultät beschäftigt sind, wurde ein Lehrverbot erteilt. Auch hier hat in einem Fall das Arbeitsgericht das Lehrverbot für unzulässig erklärt.

Andere klagen über Psychostreß und Mobbing in ihren Abteilungen. Die psychische Belastung habe bei einer Mitarbeiterin bereits dazu geführt, daß sie in stationäre psychotherapeutische Behandlung eingewiesen werden mußte, heißt es von Betroffenen. Ein anderer Kollege sei wegen psychosomatischer Beschwerden arbeitsunfähig, eine weitere Kollegin ebenfalls seit längerem krank geschrieben. „Es ist fast ein Kriegszustand“, sagte ein Angestellter. In einigen Fällen versuche die Charité, die Schwerbehinderung durch zusätzliche Gutachten von Amtsärzten in Frage zu stellen. Dabei würden Schwerbehinderte bereits von Amtsärzten des Versorgungsamtes untersucht.

Wenig rühmlich ist auch, daß die Klinik die gesetzlich vorgeschriebene Behindertenquote von sechs Prozent nicht erfüllt. Die Charité war gestern zu keiner Stellungnahme bereit. Dorothee Winden