Immer besetzt bei Jacques Chirac

■ Der Chaos Computer Club fordert dazu auf, heute die französischen Datenleitungen lahmzulegen - mit dem eigenen Haustelefon, dem PC und dem Faxgerät gegen die Atombombentests im Südpazifik

Berlin (taz) – Jetzt hat der Protest gegen die französischen Atomtests auch das internationale Datennetz erreicht. Der Chaos Computer Club Deutschland e.V. rief gestern zu einer konzertierten Aktion gegen die französische Regierung auf. Die deutschen Pioniere des globalen elektronischen Dorfes fordern einen „Sitzstreik auf der Datenautobahn“ und eine „Kommunikationsoffensive gegen Atomtests“. Inhalt der Aktion: Ab dem 1. September, dem Weltfriedenstag, sollen täglich um fünf vor zwölf Pariser Ortszeit die französischen Kommunikationsleitungen lahmgelegt werden. Teilnehmen kann, wer Telefon, Telefax oder Computer besitzt. Eine Liste von Telefon-, Fax- und Telexnummern sowie der Internet-Adressen (World Wide Web) liefert der Chaos Computer Club mit. „Wir wollen, daß denen in Frankreich die Leitungen wegglühen“, meint Andy Mueller-Maguhn, Mitinitiator des Appells.

Das französische Kommunikationsnetz soll von außen in eine Krise getrieben werden. Beteiligt sind bekannte Hackergruppen aus Holland, den USA und Japan. Angefangen hatte alles mit einer Web-Seite im Internet, auf der der Chaos Computer Club zu der bis jetzt einmaligen Kommunikationsoffensive aufrief. Mit ihr will man den modernen Industriestaat Frankreich dort treffen, wo er am empfindlichsten ist: in seiner Kommunikationsinfrastruktur.

In Krisenzeiten ist ein Kommunikationsnotplan für die Regierung vorgesehen, berichtet Andy Mueller-Maguhn. Privatleute können nicht mehr nach auswärts telefonieren, zentrale Leitungen werden nur für wichtige Regierungs- und Industrievertreter freigehalten. Mit dem Datenautobahn-Boykott wollen die Hacker zusammen mit allen AtomtestgegnerInnen das Kommunikationsnetz von Regierung und großen Unternehmen zumachen. Die Regierung soll keine Auslandsverbindungen mehr aufbauen können, französische Unternehmen sollen Verluste machen, weil sie ihre Geschäftsgespräche nicht mehr durchschalten können.

Auch im Internet ist Boykott angesagt. Da die Kapazitäten immer noch äußerst begrenzt sind, sollen die Protestschreiben das System enorm verlangsamen. Der Informations-Input durch die Datendemonstranten soll die französischen Internet-Teilnehmer so weit enervieren, daß sie ihr Gerät abschalten.

Der Chaos Computer Club besteht auf dem legalen Charakter der Aktion. Wichtig sei es, mit vielen TeilnehmerInnen möglichst lange alle Leitungen zu belegen. „Es reicht schon, nach dem ersten Klingeln aufzulegen“, so Mueller- Maguhn. Bei den 0130-Nummern kann man sogar kostenlos telefonieren und mit Vertretern von französischen Firmen sprechen. Diese Nummern sind als Service für deutsche Kunden gedacht. Über 100 weitere Nummern hat der Chaos Computer Club noch zusammengestellt. Abzurufen im „Use Net“ unter der News Group „de.org.ccc“. Julia Seidl