Keine Liebe für einen Sommer

■ „Arbeit für Bremen“ will lange durchhalten – mit 520.000 Mark Miesen

Trotz 520.000 Mark Miese auf dem Konto läßt sich die Wählergemeinschaft Arbeit für Bremen (AfB) die Stimmung nicht verderben. „Wir schaffen auch das“, ruft der alte und neue Erste Vorsitzende Prof. Dr. Klaus Bernbacher seiner Gefolgschaft zu, hebt den rechten Arm und ballt seine Hand zur Faust. 98 der 108 Mitglieder hievten den Dirigenten am Donnerstag abend auf der Versammlung des Stadtverbandes wieder auf den Stuhl des Ersten Vorsitzenden. Neben ihm nimmt Hartmut Frensel, Geschäftsführer der Deutschen-Angestelltenkammer, als Zweiter Vorsitzender Platz.

Mit dem Ziel, Bremens Politik umzukrempeln, war die „Kukidentriege“ (Stern) zur Bürgerschaftswahl angetreten. „Leider hat es nicht gelangt, um die Welt in Bremen zu verändern“, bedauert Landesparteichef Friedrich Rebers. Eine Reihe von Anfragen habe die AfB-Fraktion schon gestellt, versichert er eifrig nickend. Der „Lehrling im Ersten auf der politischen Bühne“, wie Rebers sich selbst nennt, ist begeistert: „Jetzt geht's endlich los mit der Politik“. Im gleichen Atemzug mault er über die Regierung. „Das Schiff ist in Not, und die Senatoren gehen erst mal in Urlaub.“

„Aber wir sind eine gute Crew und werden eine gute Opposition sein“, ruft er den Mitgliedern zu. „Der Wahlkampf beginnt schon heute. Denn nur im günstigsten Fall halten die Brüder vier Jahre durch“, prophezeit er den vorzeitigen Untergang der rot-schwarzen Koalition. „Dann müssen wir eher antreten“, feuert Rebers seine Gefolgschaft an, die begeistert auf die Tische klopft. „Da kommen neue Sorgen wegen der Kosten auf uns zu. Aber wir packen auch das“, gibt er sich optimistisch.

Der Blick ins Kassenbuch ist allerdings ernüchternd: Mit 520.000 Mark steht die AfB in der Kreide. 208.000 Mark Spenden reichten nicht, um Anzeigen, Broschüren und Plakate zu bezahlen. Außerdem hat der Landesverband den Gesinnungsgenossen in Bremerhaven kräftig unter die Arme gegriffen: Mit 15.000 Mark tilgte er das Minus auf dem Konto. Die 150.000 Mark Wahlkostenerstattung können das Loch im Geldbeutel der AfB nicht stopfen. Jetzt setzt die Wählerinitiative auf Mitgliederbeiträge von fünf bis zehn Mark pro Monat und weitere Spenden.

Katerstimmung kann sich die AfB nicht nämlich nicht leisten. „Der Koalition werden wir noch einiges ins Stammbuch schreiben“, verspricht Bernbacher. Die Grünen seien dagegen „Lahmärsche“. Die kungelten mit der SPD „damit sie bei nächster Gelegenheit wieder mit denen ins Bett steigen können“, vermutet Bernbacher. In den eigenen Reihen ist die AfB da großzügiger: Der neue AfB-Fraktionsgeschäftsführer Wolfram Neubrander ist gleichzeitig Schatzmeister für die FDP im Kreisverband Mitte-West. „In den Programmen der FDP und der AfB gibt es durchaus Übereinstimmungen“, winkt Neubrander ab. „Es könnte im Wahlkampf ein Problem werden. Aber das ist eine spätere Sorge im Jahr 1999.“

Daß die AfB dann weg vom Fenster sein könnte, hören die Mitglieder gar nicht gern. Nachdem die Wählervereinigung mit 10,7 Prozent den Sprung in die Bürgerschaft geschafft hatte, wollte Bernbacher nicht mehr für den Vorstand kandidieren. Er hatte es sich gerade in seinem Fernsehsessel bequem gemacht, als ihn ein Interview mit Günter Verheugen aufschreckte. „Die AfB wird nur einen Sommer tanzen“, hatte der SPD-Bundesgeschäftsführer prognostiziert. „Ich bin hoch von meinem Sessel und hab' gesagt, der wird sich irren“, ruft Bernbacher der Menge zu. „Wir werden nicht einen Sommer tanzen, sondern mehrere Sommer. Wir werden lange Zeit tanzen. Das werden wir jetzt beweisen.“ kes