Kommentar
: Gemeinsam fragen

■ Für eine neue Art von Demonstrationen

Für den Frieden und gegen den Krieg sind (fast) alle – nicht nur die 500 BremerInnen, die sich gestern an Demonstration und Kundgebung zum Antikriegstag beteiligten. Aber in der entscheidenden Frage, wie im konkreten Fall Bosnien der Krieg zu bekämpfen und der Frieden zu schaffen wäre, da gab es beim Protest mindestens zwei Meinungen, die verschiedener kaum sein könnten.

Doch ist das verkehrt? Wo steht eigentlich geschrieben, daß Menschen, die in einer Demonstration durch die Stadt ziehen, immer gleicher Meinung sein müssen? Verbindet im komplizierten Fall des Balkan-Kriegs nicht vielleicht auch schon eine gemeinsame Frage genug, um zusammen zu demonstrieren?

Der Gedanke ist ungewohnt, aber unheimlich ist er nicht. Warum sollte die kontroverse Gemeinschaft beim gestrigen Antikriegstag nicht Vorbild für weitere Demonstrationen sein, die nicht unter einer gemeinsamen Forderung, sondern unter einer gemeinsamen Frage stehen? Wie wäre es mit einem Aufruf: „Freizügigkeit und offene Grenzen für alle – aber wie?“ Oder mit: „Arbeitsplätze und ökologischer Umbau der Industrie – wie geht das zusammen?“ Die schnelle Antwort hat schließlich noch keine Gesellschaft verändert. Echte Revolutionen beginnen mit guten Fragen. Schön, daß zumindest 500 BremerInnen sich getraut haben, sie gestern zum Thema Bosnien öffentlich zu stellen. Dirk Asendorpf