Das Portrait
: Mit eigener Stimme

■ Leyla Zana

„Die freie Rede ist eine riskante Sache“, sagte Leyla Zana bevor sie im Dezember 1994 in der Türkei als Abgeordnete der mittlerweile verbotenen „Partei der Demokratie“ zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Gestern erhielt sie zusammen mit Ludwig Baumann, dem Mitbegründer der Bundesvereinigung der Opfer der NS-Militärjustiz, den Aachener Friedenspreis.

Mit dem 1988 gestifteten Preis werden Männer und Frauen geehrt, die sich „von unten her“ um die „Verständigung der Menschen und Völker untereinander“ verdient gemacht haben. Leyla Zana wurde als „ein Symbol für gewaltfreie und demokratische Werte“ geehrt.

Leyla Zana, 1961 bei Diyarbakir, der heimlichen Hauptstadt Kurdistans, geboren, heiratete mit vierzehn ihren Vetter Mehdi Zana, der drei Jahre später zum Bürgermeister Diyarbakirs gewählt wurde. Als 1980 die Militärs putschten und ihr Mann zusammen mit 650.000 Oppositionellen verhaftet wurde, begann Zana sich politisch zu engagieren. 1991 kam sie als erste Kurdin ins türkische Parlament. Als Abgeordnete versuchte sie dort, mit engagiertem Auftreten und riskanten Provokationen der Verletzung von Menschen- und Minderheitsrechten international Gehör zu verschaffen. Unablässig kritisierte sie, daß die Kurden in der Türkei kein Recht haben, für ihre eigenen Belange einzutreten: „Selbst die Vögel singen mit ihrer eigenen Stimme.“

Leyla Zana, Ex-Abgeordnete im türkischen Parlament. Zur Preisverleihung konnte sie nicht kommen.Foto: Leon Maresch

Als das türkische Staatssicherheitsgericht Zana 1994 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilte, wurde die Verhandlung weltweit als klassischer Gesinnungsprozeß angeprangert. Die Plädoyers der schönen Zana diskreditierten die Türkei besonders in Europa. Am 16. Februar verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der es die Ratifizierung der seit zwei Jahrzehnten verhandelten Zollunion mit der Türkei unter Verweis auf die Menschenrechtslage mit großer Mehrheit ablehnte.

Wegen ihres friedlichen Einsatzes für eine Lösung des Kurdenkonfliktes wurde Zana inzwischen auch für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Solche Bestätigungen ihres Engagements werden Zana helfen, auch im Gefängnis an ihren Überzeugungen festzuhalten. „Was ist ein Leben in Sklaverei wert, in Entwürdigung und Verachtung deiner Identität? Ich werde mich der türkischen Inquisition nicht beugen.“ Pierre Van Hoeylandt