Das Zauberwort heißt Action

■ Frauenrechtstribunal und erste Demonstration von Tibeterinnen

Huairou (taz) – „Frauenrechte als Menschenrechte“ war das Thema eines Tribunals, dem gestern 3.000 Frauen auf dem Forum der regierungsunabhängigen Organisationen zur Weltfrauenkonferenz beiwohnten. In gespannter Stille verfolgten sie die Aussagen von 22 Frauen, die ihre persönlichen Geschichten vortrugen, ihre Fälle. Am Ende wird eine Jury die Fälle kommentieren und der UNO Vorschläge für einen effektiveren Schutz der Frauenrechte unterbreiten.

Veranstalterin des Tribunals ist das „Center for Women's Global Leadership“ aus den USA. Die Vorsitzende des Zentrums, Charlotte Bunch, erinnerte in ihrer Eröffnungsrede an das erste Tribunal dieser Art 1993 auf der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien. „Wir wollen die Regierungen fragen, was aus den Versprechen von Wien geworden ist.“ Jetzt stehe die UNO vor Gericht: „Wird sie die Vision erfüllen, für die sie einmal gegründet wurde, nämlich die Menschenrechte zu schützen, oder müssen wir uns an andere Institutionen wenden?“ Auch für Radhika Coomaraswamy, Sonderberichterstatterin der UNO für Gewalt gegen Frauen, geht es jetzt um die Frage, ob die UNO Antworten finden könne, um „Gerechtigkeit im alltäglichen Leben jeder Frau“ zu garantieren.

Und dazu sollte das Tribunal beitragen, bei dem Fälle von Frauen aus verschiedenen Teilen der Welt vorgestellt wurden. Eine von ihnen ist Mary McGoldrick aus Irland. Sie heiratete mit 17 Jahren und wurde dann 11 Jahre lang von ihrem Mann geschlagen und gedemütigt. Als sie sich um staatliche Hilfe bemühte, sollte sie mit ihren beiden Kindern in ein Obdachlosenheim eingewiesen werden und kehrte wieder nach Hause zurück. Als sie sich entschloß, vor Gericht zu gehen, bekam ihr Mann nur 12 Monate Hausverbot. „In Irland gibt es keine Scheidung. Danach kann er also wieder vor der Tür stehen,“ sagt Mary McGoldrick. Die ugandische Rechtsanwältin Norah Matovu trug das Zeugnis der 14jährigen Agnes vor, die von Rebellen in deren Lager im Norden Ugandas entführt wurde. Dort wurde sie vergewaltigt, mißhandelt, wurde schwanger und bekam unter unglaublichen Umständen ein Kind. „Ich habe eine Tochter von einem Monster. Es ist eine tägliche Herausforderung, sie zu lieben und vor dem zu schützen, was mit mir passiert ist.“

In Simbabwe, so berichtet die Rechtsanwältin Nomsa Mcube, wird sexueller Mißbrauch von Mädchen durch das Gerücht gefördert, Sex mit Minderjährigen sei eine Vorbeugung gegen Aids. Andere Fälle handeln von einer jungen lesbischen Frau, die in der Psychiatrie in den USA gezwungen wurde, „weiblicher“ zu werden, einer Chilenin, die wegen einer Abtreibung ins Gefängnis kam oder den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Maquiladoras, den mexikanischen Fabriken an der Grenze zu den USA.

„Nach all diesen Geschichten weiß ich, warum ich hier bin“, sagt eine Zuhörerin. Wahrscheinlich ist es trotzdem das letzte Tribunal dieser Art, wird aus den Kreisen der Organisatorinnen bekannt. Viele Aktivistinnen wollen sich nicht länger für irgendwelche Abschlußdokumente einsetzen, ihr neues Zauberwort heißt „Action“.

Und die gab es am Morgen vor dem Tribunal, als jene neun Tibeterinnen, die trotz aller Schikanen nach Peking gekommen waren, mit einer Mahnwache auf die Menschenrechtsverletzungen Chinas im besetzten Tibet aufmerksam machten. „Die Eröffnung des NGO-Forums war eine reine Showveranstaltung für die chinesische Regierung“, beklagt eine von ihnen, die 26jährige Phuntsok Dolma, gegenüber der taz. „Hier findet eine Konferenz statt über Gleichheit, Entwicklung und Frieden. Aber für die tibetischen Frauen gilt das nicht.“ Karin Gabbert