Mehr Rechte für unverheiratete Väter

■ Justizministerin will Kindschaftsrecht ändern. „Wichtigste Reform“

Bonn (taz) – Nichtverheiratete Paare sollen in Zukunft das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind wahrnehmen können, wenn beide das wollen. Noch ist es so, daß in solchen Fällen automatisch die Mutter das Sorgerecht hat und der Vater den Kindern und der Mutter gegenüber relativ rechtlos ist. Bei einer Scheidung soll künftig die gemeinsame Sorge der Eltern für ihre Kinder erhalten bleiben, solange nicht der Vater oder die Mutter das alleinige Sorgerecht beantragt. Das sind wesentliche Punkte des Referentenentwurfs zur Kindschaftsrechtsreform, den Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) jetzt vorgestellt hat.

Mit der neuen Regelung sollten Paare nicht zu einem gemeinsamen Sorgerecht gezwungen werden, betonte die Justizministerin, vielmehr wolle sie „ein Angebot schaffen, die Verantwortung für Kinder gemeinsam zu übernehmen“. Was sie vorhabe, sei in anderen Ländern – wie zum Beispiel in Schweden – schon lange gutfunktionierende Praxis. Wenn Eltern sich allerdings nicht darauf einigen, die gemeinsame Verantwortung für ihren Nachwuchs zu übernehmen, soll das Familiengericht entscheiden. Ein „Anwalt des Kindes“ – zum Beispiel ein Psychologe, Sozialarbeiter oder entfernter Verwandter – soll im Scheidungsverfahren dem Sprößling helfen, seine Interessen zu vertreten.

Bei allen Reformbestrebungen stehe das Interesse des Kindes im Mittelpunkt, betonte Leutheusser- Schnarrenberger. Nichteheliche Kinder sollen die gleichen Rechte erhalten wie eheliche, was auch für das Erbrecht gilt. Es ist vorgesehen, nichtverheirateten Vätern ein Umgangs- und Besuchsrecht einzuräumen, ohne daß dies Auswirkungen auf die Unterhaltsverpflichtung hat. Wenn die Mutter dem Vater das Umgangsrecht aus nicht im Interesse des Kindes stehenden Gründen verweigert, kann sie zur Zahlung eines Zwangsgeldes gezwungen werden. Auch Großeltern und Verwandte können ein Umgangsrecht bekommen.

Wenn Paare erst nach der Geburt des Kindes heiraten, soll der Vater nicht mehr genötigt werden, sein eigenes Kind adoptieren zu müssen. Bei der Adoption eines unehelichen Kindes kann der leibliche Vater künftig nicht mehr, wie das bisher der Fall war, übergangen werden. Er muß nun zustimmen.

Geändert werden soll auch die sogenannte Vaterschaftsvermutung im Trennungsjahr: Ein Kind, das während oder kurz nach einer Scheidung geboren wird, soll nicht mehr automatisch dem Exmann zugerechnet werden. „Das entspricht nicht mehr unserer gesellschaftlichen Realität“, findet die Ministerin.

Die FDP-Politikerin will den Entwurf bis Ende des Jahres durch das Kabinett bringen. Sie bezeichnete das Vorhaben als „die wichtigste Reform“ ihres Ministeriums in dieser Legislaturperiode. nin