Olympiatraum: Fall für Verfassungsgericht

■ FDP und Bündnisgrüne werfen Großer Koalition vor, das Parlament an der Aufklärung des Olympiaskandals zu hindern

Der Skandal um die gescheiterte Olympiabewerbung wird Berlin länger beschäftigen, als es den Regierungsparteien CDU und SPD lieb ist. Beide Fraktionen hatten es Ende Juni abgelehnt, drei weitere Sitzungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Olympia“ einzuberufen und Zeugen zu hören. Die FDP und die Bündnisgrünen drohen nun mit dem Gang zum Verfassungsgericht, weil sich die Opposition in ihrem Untersuchungsrecht rechtswidrig eingeschränkt fühlt.

Die Olmpia-GmbH war früh mit sogenannten Sex-Dossiers über Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees und der „Reißwolfaffäre“ in die Schlagzeilen geraten. Nach der 1992 gescheiterten Bewerbung wurde außerdem ein ungeheures Ausmaß von Geldverschwendung öffentlich. So verdoppelten sich unter dem damaligen Geschäftsführer Axel Nawrocki die Kosten für einen Werbefilm auf über eine Million Mark, wurde die Bewerbungsschrift mit einer Million Mark dreimal so teuer wie geplant und erhielt eine Werbeagentur statt der kalkulierten 200.000 Mark mit 1,1 Millionen Mark mehr als das Fünffache.

Bis heute seien in dem Untersuchungsausschuß wichtige Fragen nicht geklärt worden, sagen FDP- Fraktionschef Axel Kammholz und die sportpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Judith Demba. So wollen FDP und Grüne in den letzten sechs Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl mit Hilfe von Zeugen herausfinden, wer die Erstellung der Sex-Dossiers und die Vernichtung von Akten mit Handelsbriefen angeordnet hat. Die Oppositionsparteien bestehen weiterhin darauf, daß die „Partner für Berlin GmbH“ seit langem angeforderte Akten herausrückt. Die Nachfolgegesellschaft der Olympia-Marketing- GmbH soll dem Ausschuß bis heute erst ein Fünftel des Geforderten herausgegeben haben.

Insbesondere der Ausschußvorsitzende Jürgen Lüdtke von der SPD sorgt bei FDP und Grünen für Unmut. Kammholz wirft dem Vorsitzenden vor, weitere Zeugenvernehmungen und Vereidigungen zu verweigern, obwohl einzelne Beteiligte „offensichtlich lügen müssen“. Der Ausschußvorsitzende „blockt“, obwohl „Skandale, Pleiten und Pannen“ bis zum Ende der Legislaturperiode restlos aufgeklärt gehörten, meint Demba. Lüdtkes Aufklärungsbedürfnis tendiere gegen Null.

FDP und Grüne haben nun entsprechende Anträge an das Abgeordnetenhaus eingebracht, das am kommenden Donnerstag zum erstenmal nach der Sommerpause tagt. Sollte das Abgeordnetenhaus weitere Sitzungen des Untersuchungsausschusses ablehnen, wollen die Fraktionen beim Verfassungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragen, um so weitere Sitzungen durchzusetzen. Kammholz ist dabei voller Zuversicht: Mit einem Verzicht auf eine weitere Beweiserhebung würden CDU und SPD gegen das Untersuchungsausschußgesetz verstoßen. Dirk Wildt