Reine Weste für fünf Millionen Mark

■ Die Frankfurter Commerzbank AG verhalf Tausenden zur Steuerflucht nach Luxemburg / Erpresser drohte mit Weitergabe der Kundendaten an den deutschen Fiskus / Commerzbank zahlte stillschweigend

Berlin (dpa/taz) – Die Frankfurter Commerzbank AG hat 5 Millionen Mark Schweigegeld gezahlt, um sich selbst und ihre Luxemburger Kunden vor unangenehmen Nachfragen der Steuerpolizei zu schützen. Nach den Recherchen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel verhandelte die Bank über vier Monate lang mit ihrem Erpresser, ohne jemals die Polizei zu informieren. Heikler Hintergrund der Geschichte: Der 39jährige Bankkaufmann Schmakowski hatte vorübergehend im EDV-Bereich der Commerzbank-Tochter in der Steueroase Luxemburg gearbeitet. Dabei ließ er die Kundendateien samt Kontonummern, Anlagebeträgen und Namen mitgehen. Die Kontoinhaber waren ausschließlich Deutsche.

Offensichtliches Pech für Steuersünder, denen jetzt ein Verfahren droht, eine Riesenblamage aber für die Frankfurter Bank. Um ihre Kunden zu decken, überwies sie die vom Erpresser geforderte Summe auf ein Konto bei einer österreichischen Kreditanstalt – jedoch ohne das Geld zur Auszahlung freizugeben. Schmakowski reagierte gereizt und erhöhte die Forderung auf 6 Millionen. Ab und zu schickte er auch kleine Briefchen zu den Kunden, die er aber nicht mit seinem Namen, sondern mit „Theo Waigel“ unterschrieb. Darin fragte er nach, ob das Geld der Kunden auf dem Luxemburger Konto dem deutschen Finanzamt bekannt sei. Aufgeregte Kundenanrufe bei der Commerzbank verursachten bei den Bankern Nervenflattern.

Offensichtlich noch wenig mit den Grundregeln dieses Gewerbes vertraut, wandte sich ein Bankvertreter an das Bundeskriminalamt und erkundigte sich dort, wie man sich denn wohl bei Erpessungen zu verhalten habe. Zu auffällig, fanden die Fahnder und kontaktierten umgehend ihre Kollegen in Luxemburg.

Nachdem Ende Juli die Geldübergabe in Bregenz gescheitert war, flüchtete der Erpresser zu seinen Eltern in das Rhein-Main-Gebiet. Dort wurde er noch am selben Tag festgenommen. Die Polizei stellte die Kundenlisten von mehreren tausend deutschen Steuerflüchtern sicher – die Commerzbank hatte zuerst nur von mehreren hundert Kunden gesprochen. Auf den Konten finden sich bis zu zweistellige Millionenbeträge. Die Daten liegen bei der Steuerfahndung.

Schon Ende August hatte die Commerzbank zugeben müssen, daß eine Weitergabe der Daten an die Polizei für „den einen oder anderen“ der betroffenen Kontoinhaber „peinlich“ werden könnte. „Wenn wir die Möglichkeit völlig ausschließen könnten, hätten wir die Kunden nicht informiert“, erklärte die Bank damals.

Die deutschen Steuerfahnder feiern die Liste mit den Luxemburger Festgeld- und Devisenkonten als großen Erfolg. Obwohl es bisher schon Ermittlungen gegen Banken und ihre Kunden gegeben hat, kam es nie zu Prozessen. Ein Konto in Luxemburg zu besitzen kann niemanden verboten werden. Der Nachweis der Steuerhinterziehung ist sehr schwer zu erbringen.

Inzwischen hat die Commerzbank Einspruch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt. Das Beweismaterial gegen den Erpresser dürfe nicht für eventuelle Steuerstrafverfahren verwendet werden. Von der Commerzbank AG war am Samstag keine Stellungnahme zu erhalten. jus