Denn sie wissen, was sie tun

■ Trotz seiner "maritimen Niederlage" vor Moruroa gibt sich Greenpeace nicht geschlagen. Die professionellere Öffentlichkeitsarbeit macht jetzt aber die französische Marine. Aus Papeete Nicola Liebert

Denn sie wissen, was sie tun

Greenpeace hat die Schlacht vor Moruroa verloren – die maritime und die mediale. Das zumindest behaupten Fernsehen und Zeitungen auf Tahiti, und das glauben auch viele ausländische Journalisten. Sicher ist, daß die zwei größten Greenpeace-Boote, die Rainbow Warrior und die MV Greenpeace, erst mal nicht mehr für Protesteinsätze zur Verfügung stehen. Die französische Marine, die die Schiffe und den Hubschrauber beschlagnahmte, hat offenbar die Elektronik und die hydraulische Steuerung durchtrennt, so daß die Schiffe selbst dann nicht gleich wieder einsatzfähig sind, wenn sie zurückgegeben werden.

Die einzigen Fernsehbilder von Moruroa stammen jetzt von den Militärs. Mit gigantischem Aufwand und einigem Erfolg betreibt das Militär seine Öffentlichkeitsarbeit: „Der Desinformationskampagne von Greenpeace begegnen“, heißt das bei Presseoffizier Yves Bourboulon in Papeete. Diesmal waren sie besser gerüstet als bei der Greenpeace-Aktion im Juli, als Schlägertrupps mit Tränengas die Rainbow Warrior eroberten und negative Schlagzeilen in aller Welt erzeugten.

„Es wurden nur die Mittel eingesetzt, die notwendig waren“, sagt der hochnäsige Hochkommissar für Französisch-Polynesien, Paul Roncière, vor 13 Kameras in seinem lachsfarbenen Empfangszimmer. Dann zählt er die Gesetzesbrüche auf, wegen derer sich Greenpeace verantworten muß: Eindringen in die Hoheitsgewässer, Eindringen in militärisches Sperrgebiet und die Einfuhr des Greenpeace-Hubschraubers in die Hoheitsgewässer – ein Verstoß gegen das Zollgesetz.

Am Samstag morgen wurden 26 Greenpeace-Aktivisten, neun Journalisten und drei Promis, darunter der Führer der polynesischen Unabhängigkeitspartei Oscar Temaru, per Militärmaschine auf Tahiti ab- und auf freien Fuß gesetzt. Wie viele Leute von der Umweltorganisation unter Arrest stehen, was mit den auf den beiden Schiffen gebliebenenen Aktivisten passiert, darüber gibt es nur Gerüchte. „Wir haben das Gefühl, die wollen die Kapitäne, Jon Castle und Peter Schwarz, und die Hubschrauberpilotin Paula Huckleberry festnageln“, spekuliert Thomas Schultz-Jagow vom Greenpeace-Büro in Papeete.

Die Heimkehrer nahmen dann am Samstag an der Parlamentarier-Demonstration gegen die Atomtests in der Hauptstadt Papeete teil. Besonders frohe Gesichter machten sie nicht. „Es war nicht lustig“, meinte Claudia Sieg von Greenpeace Deutschland nur. Die französischen Militärs verzichteten diesmal zwar, anders als bei den letzten Greenpeace-Protesten im Juli, auf den Einsatz von Tränengas. Aber „die haben die Leute teilweise an den Haaren aus den Schlauchbooten gezogen“. Seien die Kameras gerade auf andere Objekte gerichtet gewesen, habe es so manchen „Knuff gesetzt“. In Handschellen seien sie schließlich in das Flugzeug nach Papeete verfrachtet worden.

Nach wie vor sind zur Zeit nur neun Boote der Friedensflottille in der Nähe des Moruroa-Atolls. Das Greenpeace-Schiff Vega umkreist die Insel, und ein weiteres Boot der Organisation, die Manutea, dürfte jetzt eintreffen. David McTaggart, der langjährige Greenpeace-Chef, hatte sich inkognito in Papeete aufgehalten („Ich bin italienischer Tourist“, behauptete er auf Nachfrage). Jetzt bestätigt Greenpeace auf einmal, daß er sich auf der Vega befindet – dem Segelschiff, auf dem er vor 23 Jahren seine erste Protestfahrt nach Moruroa unternahm. Erst dementieren, dann doch bestätigen, diese Spiele scheint Greenpeace zu lieben.

Daß jetzt „alle von dem Sieg der Armee und der Niederlage von Greenpeace reden“, das nervt Schultz-Jagow. „Es war doch völlig klar, daß Greenpeace nicht gegen eine Kriegsmarine anstänkern kann. Wenn wir so eine Aktion machen, müssen wir damit rechnen, daß die Boote beschlagnahmt werden.“ Zumal in diesem Fall die Logistik doch viel schwieriger sei als etwa in Schottland mit seinen Ölplattformen. Moruroa ist immerhin 1.200 km weit entfernt, und wegen der enormen Flugpreise nach Tahiti könne man nicht einfach bei Bedarf neue Leute einfliegen. Falls die Gerüchte jedoch stimmten, daß Frankreich den ersten Test am 1. September habe durchführen wollen, dann „haben wir das verhindert“.

Auf die Frage, wann der erste Test nun stattfindet, hat irgendeine Pariser Pressestelle offenbar alle Verantwortlichen – Presseoffizier Bourboulon, Hochkommissar Roncière und Überseeminister de Peretti – einen Spruch auswendig lernen lassen: „Diejenigen, die reden, wissen nichts, und diejenigen, die etwas wissen, reden nicht.“