Fürsorgliche Belagerung

■ Alles für die Sicherheit der Frauenkonferenz in Peking

Peking ist gegenwärtig einer der behütetsten Orte der Welt. Der Gefahrenabwehr diente nicht nur die Beschlagnahme von Filmkassetten, die Durchsuchung von Schlafräumen und der fürsorgliche Angriff auf eine kanadische Bürgerrechtlerin. Die Sorge um die Sicherheit der zur Weltkonferenz angereisten Frauen geht so weit, daß selbst ein so potentieller Störfall wie Winnie Mandela von den gestrigen Eröffnungsfeierlichkeiten ausgeschlossen wurde. Die Feier ging dann, umrahmt von den obligaten Männeransprachen, sicher über die Bühne.

Safety first. Selbst dem Tiananmen- Platz kann nichts geschehen: Wer daran vorbeigehen will, wird nachts barsch auf die gegenüberliegende Straßenseite verwiesen und tagsüber scharf beäugt. Im Huairou, dem Tagungsort des alternativen Frauenforums, sind weit und breit keine Taschendiebe und keine Räuber aktiv. Statt dessen stehen dort unzählige wachsame Menschen in Uniform und in Zivil. Sie helfen den vielen angereisten Besucherinnen aus aller Welt, die immer Dinge verlieren – Geld, Schirme, manchmal sogar ihre Kinder – und finden das Gesuchte wieder. Und was ist der Dank? Nichts als Vorwürfe und Unterstellungen. „China“, so der zuständige Polizeifunktionär am Wochenende, „hat das Verbrechen noch nicht beseitigt. Deshalb war es zum Anfang des Forums wesentlich, daß einige Maßnahmen in den Hotels und auf dem Gelände des Forums ergriffen wurden, um die Sicherheit dieser Orte zu gewährleisten.“ Jetzt, nach getaner Arbeit, könne ein Teil der Polizei zurückgezogen werden.

Für die Organisatorinnen und Teilnehmerinnen des Forums, die für den Fall weiterer Bespitzelung am Wochenende mit unbestimmten Konsequenzen drohten, ist das kein Sieg. Es wird weiter kontrolliert, wenn auch weniger offensichtlich. Aber weil diese Überwachung für die allermeisten folgenlos bleibt und es bis zum Ende des Forums am 8. September nur noch wenige Tage sind, kann die chinesische Sicherheitspolitik durchkommen. Die Polizei hat erklärt, sie werde weiterhin jede Einmischung in innere Verhältnisse Chinas unterbinden – das heißt z.B. jede protibetische Aktion. Damit wird gegen alle Regeln der UNO verstoßen, die nach einer von China unterzeichneten Übereinkunft auch für das Forum-Gelände gelten. Weshalb die UNO-Verantwortlichen ebenso wie die Taschendiebe von Huairou den 8. September dringend herbeisehnen. Dann hat sich das Problem gelöst, und man kann wieder wie gewohnt sein Tagwerk tun. Jutta Lietsch, Peking