Nicht nur Gäste auf diesem Planeten

■ In Peking beginnt die Weltfrauenkonferenz der UNO mit scharfen Angriffen gegen die chinesischen Gastgeber

Peking (AFP/AP/taz) – Mit einem Aufruf zum Handeln und zur Verantwortung für kommende Generationen ist gestern in Peking die 4. UN-Frauenkonferenz eröffnet worden. Die bisher größte Konferenz über die Rechte von Frauen sei ein „Meilenstein“ in der 50jährigen Geschichte der Vereinten Nationen, hieß es in der Grußbotschaft von UN-Generalsekretär Butros Ghali.

Gleich zu Beginn der Konferenz wurde Chinas Familienpolitik angeprangert. Die pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto prangerte die Tötung weiblicher Babys an. „Diese Konferenz muß ein Klima schaffen, in dem Mädchen ebenso willkommen sind und geschätzt werden wie Jungen“, sagte Bhutto. Sie wies nicht ausdrücklich auf China hin, doch ist die Tötung neugeborener Mädchen dort wie in anderen asiatischen Ländern ein weitverbreitetes Problem. Das ergibt sich unter anderem aus der rigiden Ein-Kind-Politik Pekings zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums.

Die amerikanische First Lady Hillary Clinton nahm die Weltfrauenkonferenz gegen Kritik von konservativer Seite in Schutz. In ihrer wöchentlichen US-Zeitungskolumne bezeichnete sie es als unfair, daß die Veranstaltung von konservativen Kritikern als „Zusammenkunft Radikaler und Atheisten“ dargestellt werde, die die Zerstörung der Institution Familie zum Ziel habe. Hillary Clinton wird heute vor der Frauenkonferenz sprechen.

Die Delegierten waren zuvor in einer feierlichen Zeremonie in der Großen Halle des Volkes von Chinas Präsident Jiang Zemin begrüßt worden. Während der elftägigen Konferenz, die von einem starken Sicherheitsaufgebot abgeschirmt wird, soll eine Aktionsplattform zu insgesamt zwölf Schwerpunktthemen entwickelt werden.

Die Generalsekretärin der Konferenz, die Tansanierin Gertrude Mongella, sagte, die Welt müsse zur Kenntnis nehmen, daß Frauen „nicht nur Gäste auf diesem Planeten“ sind. Die Frauen hätten immer an der Seite der Männer gegen die Sklaverei, die Kolonialisierung, die Apartheid und für den Frieden gekämpft. Jetzt seien die Männer an der Reihe, die Frauen in ihrem Kampf um Gleichberechtigung zu unterstützen.

Bei der Begrüßungszeremonie der chinesischen Regierung, die wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung stattfand, beklagte Präsident Jiang, daß Frauen noch immer gegen Vorurteile ankämpfen müßten, die sie wie eine unsichtbare Kette hemmten. Zu den Spannungen im Vorfeld äußerte er sich nicht.

Das Frauenforum der regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) im 50 Kilometer entfernten Huairou wird seit vergangenem Mittwoch von chinesischen Behördenvertretern bespitzelt. Die NGOs beklagen permanente Schikanen, penetrante Überwachung und gezielte Störmanöver von eingeschleusten Polizistinnen. Gestern durchbrachen rund 150 Teilnehmerinnen die Sperren der chinesischen Polizei um das Veranstaltungsgelände. Die Frauen mißachteten so ein Demonstrationsverbot, das außerhalb des Tagungsgeländes gilt.