Greenpeace in der Lagune

Mit Schlauchbooten erneut eingedrungen / Frankreich greift schwedische und japanische Regierung an / Cousteau extrem sauer  ■ Aus Papeete Nicola Liebert

Diesmal war sich Greenpeace ganz sicher: Die Atombombe würde am Montag hochgehen. Eine direkte Fernsehschaltung nach Moruroa wurde neu eingerichtet, die Journalisten von der Insel verbannt. Präsident Jacques Chirac hatte einen Live-Fernsehauftritt für Dienstagfrüh angekündigt, und aus Paris waren bestimmte Atomtechniker eingeflogen. Der Statthalter der Pariser Regierung in Polynesien, Gaston Flosse, sagte, er werde noch vor dem Wochenende nach Paris fliegen, um mit Chirac über die Politik nach den Tests zu reden. Und zu guter Letzt sperrten die Militärs auch noch die Passage zwischen den beiden Atomatollen Fangataufa und Moruroa für den Schiffsverkehr.

Die Umweltschützer von Greenpeace haben als Reaktion wiederum die Atomtester auf Moruroa besucht: Zwei Schlauchbooten mit insgesamt vier Leuten, darunter ein Polynesier, gelang es, früh um halb sieben (Ortszeit) in die Lagune einzudringen. Dort wurden sie festgenommen. Die Pressesprecher des Militärs auf Tahiti behaupteten zunächst, die Boote außerhalb des Atolls aufgebracht zu haben, räumten dann aber ein, daß die Greenpeaceler schon in der Lagune waren.

„Die Militärs sollen extrem verärgert gewesen sein über die Tatsache, daß nach wenigen Tagen schon wieder Leute in die Lagune eindringen konnten“, hat hingegen Thomas Schultz-Jagow vom Greenpeace-Büro in Papeete aus militärischen Kreisen erfahren. „Denn damit haben wir ja widerlegt, was der Oberbefehlshaber Admiral Euverte behauptet hatte: ,Es werden keine Schiffe in diese Lagune vordringen‘. Wir haben nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage bewiesen, daß das doch geht, und das ärgert ihn gewaltig.“ Von welchem Schiff die Schlauchboote kamen, verrät Schultz-Jagow nicht. Denn auch wenn dieses Schiff sich selbst nicht in der Zwölfmeilenzone aufhält, kann es dennoch beschlagnahmt werden, wenn die Gummiboote, die von dort starteten, in verbotenen Gewässern aufgegriffen werden. Dies war am Freitag mit der MV Greenpeace geschehen.

In Paris ereiferte sich die französische Regierung derweil über die Teilnahme ranghoher ausländischer Politiker an den Protestaktionen der Atomtestgegner. Insbesondere die Teilnahme des japanischen Finanzministers Masayoshi Takemura und der schwedischen Kulturministerin Margot Wallström brachte die Regierung Chirac auf die Palme. Den ins Außenministerium zitierten Geschäftsträgern beider Länder in Paris wurde gesagt, dies sei ein „Akt unzulässiger Einmischung“ in innere Angelegenheiten Frankreichs gewesen. Auch auf der Palme war der Meeresforscher Jacques Cousteau, der nach seiner Kritik vom Montag am Dienstag nun Konsequenzen zog und aus dem Rat für die Rechte künftiger Generationen austrat. Cousteau wörtlich: „Die Zukunft unserer Nachkommen ist nur in einem Klima der Toleranz, der Hoffnung und des Friedens sicher. Mit der Aufrechterhaltung der nuklearen Bedrohung ist dies nicht vereinbar.“