Doch Dolgenbrodt schweigt weiter

■ Der Prozeß um Brandanschlag auf Asylbewerberheim wird neu aufgerollt

Frankfurt/Oder (taz) – Rund zweieinhalb Jahre nach dem Brandanschlag auf das noch unbewohnte Asylbewerberheim in Dolgenbrodt steht das Dorf wieder vor Gericht. Einige von ihnen waren in Verdacht geraten, den Anschlag mit Geldbelohnungen unterstützt zu haben. Die Ermittlungen waren jedoch im Sande verlaufen, da die Dolgenbrodter hartnäckig schwiegen. Seit gestern wird der Pozeß vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) neu verhandelt. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil des Potsdamer Landgerichts, bei dem der heute 21jährige Silvio Jackowski vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen worden war, im Januar aufgehoben und zur Neuverhandlung zurück nach Frankfurt verwiesen.

Ob es der ersten Strafkammer unter dem Vorsitz des Richters Steinbrinck allerdings gelingt, die Ereignisse zwei Jahre nach dem Anschlag aufzuklären, darf bezweifelt werden. Denn schon am ersten Verhandlungstag zeichnete sich ab, daß sich der Angeklagte und die Dolgenbrodter wie damals in den Mantel des Schweigens hüllen. Die verrinnende Zeit unterstützt sie dabei. So scheint das Gedächtnis der ehemaligen Bürgermeisterin Ute Preißler inzwischen große Lücken aufzuweisen, vor allem dann, wenn es um Namen geht. Zwar bestätigt sie, daß in der Bürgerversammlung zum geplanten Asylbewerberheim die Stimmung agressiv gewesen sei und sie Mühe gehabt habe, „die Leute zu Ruhe und Sachlichkeit aufzurufen“. Doch wer sich damals besonders hervorgetan hat, will ihr partout nicht wieder einfallen.

Einig sei man sich jedoch gewesen, das Asylbewerberheim mit allen Mitteln zu verhindern. Schließlich sei die nächste Polizeistelle 22 Kilometer entfernt, und schnell hätten sich „Horrorgeschichten über Sinti und Roma herumgesprochen“. Von eventuellen Geldzahlungen der Bürger will die Dolgenbrodterin allerdings nichts gewußt haben: „Ich habe auch jetzt keine Hinweise.“ Das Dorf scheint nach den Ereignissen noch enger zusammengerückt zu sein und läßt nichts heraus. Richter Steinbrinck bleibt nur die Hoffnung, daß in den kommenden Verhandlungswochen doch noch jemand auspackt. Michael Gerster