Kein Geld für Abschiebehäftlinge

■ Flüchtlinge erhalten erstmalig Taschengeld, aber reduziert.

Obwohl den Abschiebehäftlingen ein monatliches Taschengeld von 80 Mark zusteht, haben sie in Bremen jahrelang keinen Pfennig erhalten. Erst seitdem die Asylgruppe Ostertor und Rechtsanwälte einen Präzedenzfall schafften, bewilligt das Sozialressort Geldauszahlungen. Anfang August zahlte man 10,85 Mark, auf erneuten Protest hin billigte man vergangene Woche 18,46 Mark wöchentlich zu.

Es wird um jede Mark gefeilscht. Dabei weiß man im Sozialressort, daß die KollegInnen in Berlin 1994 per Gerichtsbeschluß dazu verdonnert wurden, monatlich 80 Mark Taschengeld an die Abschiebehäftlinge auszuzahlen. Das Verwaltungsgericht verweist in seinem nicht mehr anfechtbaren Beschluß auf das Asylbewerberleistungsgesetz, das abgesehen von Sachleistungen 80 Mark Taschengeld für Erwachsene vorschreibt.

Das Geld brauchen die Flüchtlinge dringend, um den Kontakt nach draußen zu ermöglichen. 2,67 Mark täglich wären ohnehin nicht viel, bedenkt man die teilweise für das Asylverfahren entscheidenden Telefongespräche mit Anwälten oder gar Verwandten im Ausland. Bei diesem Betrag fällt der private Bedarf für Zigaretten, Zeitungen, Bücher und Briefporto ohnehin hintenüber.

Den ersten Antrag auf Leistungen beantwortete das Amt für Soziale Dienste im Mai mit der Erklärung, nicht zuständig zu sein. Einer Absprache mit dem Justizressort zufolge habe dieses die Verantwortung für die Auszahlung von Geldern an Häftlinge. „Klargestellt werden muß“ heißt es in einem Schreiben der Sachbearbeiterin an einen Rechtsanwalt, „daß das Amt für Soziale Dienste zwar für die Gewährung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständig ist, es gibt aber keinerlei rechtliche oder sonstige Verpflichtung, den Abschiebehäftlingen das –Geld in die Unterkunft zu tragen'.“ Zur Zeit, ergänzt sie in ihrem vom 27.7. datierten Schreiben, zahle das Justizressort mit 47 Mark monatlich den Betrag, der Straf- oder Untersuchungsgefangenen zustehe. Abschiebehäftlinge aber sind weder das eine noch das andere. Ihre Haft dient lediglich der Sicherung einer Abschiebung. Darauf verweist auch das Berliner Verwaltungsgericht und verurteilt jegliche Reduzierung der Leistungsansprüche.

Die Sachbearbeiterin des Sozialamtes aber definiert die Zahlung von 80 Mark als nicht gerechtfertigt, da die Situation mit der von Strafgefangenen vergleichbar sei: „Bestimmte Bedarfe, die Asylbewerber außerhalb von Abschiebehaft von dem Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse zu bestreiten haben, fallen während der Abschiebehaft auch nicht an (z.B. Fahrtkosten, Teilnahme am kulturellen Leben und gesellschaftlichen Leben).“ Eine Äußerung, die auch Strafgefangene nur als zynisch empfinden dürften.

Am 21.8. konnte Komlan A., der zuvor vom Sozialressort mit der Geldübergabe betraut wurde, erstmalig jedem Häftling 10,85 Mark bringen und Einkäufe für sie erledigen. Nach einem nochmaligen Gespräch zwischen der Ausländerbeauftragten Dagmar Lill und Sozialsenatorin Wischer wurde der monatliche Betrag vergangene Woche von 47 auf 80 Mark erhöht. Anders als in den Flüchtlingsunterkünften bewilligt man jedoch ausgerechnet Abschiebehäftlingen, bei denen am ehesten mit einer baldigen Ausreise zu rechnen ist, nur einen auf das ganze Jahr hochgerechneten Betrag. Daher erhielten sie am vergangenen Montag nicht 20, sondern nur 18,46 Mark.

Unter den Flüchtlingen aber war mindestens einer, der kein Geld erhielt. Die Polizei wies den Überbringer darauf hin, der Häftling habe Geld im Polizeisafe, sei folglich nicht mittellos. Man verschwieg dabei, daß der Flüchtling keinen Zugriff auf seine 500 Mark im Polizeisafe hat. Das Geld wurde eingefroren, um damit einen Teil seiner Abschiebekosten zu decken. dah