Blutbad von Sarajevo

■ betr.: Berichterstattung über Krieg in Ex-Jugoslawien

Herr Rondholz hat bei seiner „Analyse“ offensichtlich mehrere Dinge übersehen:

1. Als sich die Teilrepubliken Jugoslawiens Anfang der 90er Jahre für unabhängig erklärt haben, hat es überall dafür Mehrheiten gegeben, auch z.B. in der „serbischen Teilbevölkerung“ Bosniens. Offensichtlich war die völkische Sicht damals bei der Mehrheit noch nicht so ausgeprägt. Ich kann daraus nur den Schluß ziehen, daß die Mehrheit der Menschen in Ex- Jugoslawien 1990 sehr viel weniger mit anderen Volksgruppen hatten, als Herr Rondholz behauptet. Das traurige an der Situation ist m.E. vielmehr, daß eine kleine (oder größere) Minderheit, die rücksichtslos genug ist und mit um die Macht fechtenden (?) Militärs und Altkommunisten (bzw. Altherrscher, das ist nicht ideologisch gemeint) paktiert, ein ganzes Volk in den Abgrund stürzen kann.

2. Wie stellt sich Herr Rondholz eigentlich die Lage der vielen „Mischehen“ nach einer „ethnischen Trennung“ vor? Ist eine Scheidung zur Erhaltung des Friedens Pflicht? Wem werden die Kinder zugeschlagen?

Den einzigen Schluß, den ich aus „geschichtlich begründeten Analysen“ wie denen von Herrn Rondholz ziehen kann ist, daß einige „Historiker“ offensichtlich nur von „wörtlicher“ Geschichtsfortschreibung ausgehen. Es gibt halt Dinge, die waren schon immer so, und darum werden sie immer wieder so sein. Daß geschichtliche Entwicklungen möglich sind, („Mischehen“!), daß der Nationalismus ein Phänomen der neueren Neuzeit ist, wird von solchen Herrschaften einfach übersehen.

[...] Jeder, der für ethnische Trennungen/Säuberungen plädiert, lebt einfach in der falschen Zeit, moralisch sowieso, aber auch als kühler Realist. Jens Niestroj

Jetzt ist es soweit, und die Nato- Bomben sind erfolgreich. So ist es immer, und nun dürfen auch die Deutschen bald ran – zum Töten. Nein, es ist furchtbar, was in Bosnien passiert und wie alle das gleiche sagen und verlangen: mehr Waffen. Soweit ich das überblicke, fällt Arno Luiks Kommentar aus der deutschen Presse raus. Gott sei Dank – und seine Zweifel treffen auch meine Stimmung: „Einen Waffenstillstand, den Frieden herbeizubomben, geht das? Es würde gut tun, mit den Zweifeln daran nicht recht zu behalten.“ Petra Mikusch

[...] Um es einmal klar auszudrücken: Die Industrie- und Rüstungsstaaten, allen voran auch Deutschland, profitieren von Tod und Verderben anderer. Sie liefern der „Welt“ skrupellos chemische Vergiftung, radioaktive Verseuchung, tödliche Massenvernichtungsmittel und letztendlich den Exitus, alles für das „Wohl des Volkes“, sagen sie. Christian Eisbein

Die bisherige Haltung der UNO, Nato, Westeuropas und Anrainerstaaten erscheint mitleidenden Menschen völlig unverständlich. Betrachtet man jedoch die Vorteile des Krieges für die vorgenannten „Beobachter“, so wird deren Handlungsweise durchaus klarer: Nach 50 Jahren Frieden und Wegfall der Ost-West-Spannung benötigen die Streitkräfte einen Motivationsschub zur Daseinsberechtigung; die Bevölkerung zahlt dann auch bereitwilliger Steuern für Armeen; Waffenproduzenten, Energiehändler und Banken reiben sich bei jedem Bruch des Embargos die Hände; ethnische und religiöse Probleme der Industrieländer werden außer Landes projiziert. Geld und Macht spielen auf zum Natotentanz. Boys your lifes and your money are wanted. Sorry! Herbert Terhag

Interventionisten und Pazifisten fallen seit Wochen in der taz übereinander her. [...] Beide leiden sichtlich. Ich vermute, beide spüren, daß die Auseinandersetzung mit dem Krieg in Bosnien sie dazu zwingt, wichtige Grundsätze ihrer (politischen und individuellen) Moral zu verraten oder zumindest zu vernachlässigen: die Interventionisten ihre Friedfertigkeit, die Pazifisten ihren Einsatz für die Menschenrechte.

Vielleicht spüren beide, ohne es offen zugeben zu dürfen, daß sie mit ihrer empörten Moral keinen Einfluß auf die unmittelbar kämpfenden und auf die vielfältig mittelbar kämpfenden und beteiligten Parteien ausüben. Sie diskutieren im Grunde für sich selbst, um sich selbst treu zu bleiben. Nur in zweiter Instanz geht es ihnen dabei um Bosnien selbst, wage ich zu behaupten. [...] G. Aparicio

J. Fischer und Cohn-Bendit plädieren für den Frieden in Bosnien. Zumindest die Alt-Grünen der 68er-Generation sollten sich an den Spruch erinnern, der zu Zeiten des Vietnamkrieges in so manchem Hörsaal an der Wandtafel stand: „Fighting for Peace is like Fucking for Virginity“. Das gilt auch heute noch, ganz besonders in Hinsicht auf die Großmachtinteressen, die in Bosnien – wie früher in Vietnam – aufeinanderprallen und mit Hilfe des Krieges als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ausgetragen werden. Rainer W. Rupp