Vatikan, raus aus der UNO!

Auf der Weltfrauenkonferenz wollen feministische Katholikinnen dem Heiligen Stuhl bei der UNO seinen Status als Staat aberkennen  ■ Aus Huairou Karin Gabbert

„Wenn du eine gute Idee hast, ist es egal, ob du der Papst oder Frances Kissling bist“, sagt die Präsidentin von „Catholics for a free choice“, Frances Kissling. Kein Wunder, daß der Vatikan sich bei der UNO dafür eingesetzt hat, diese Organisation von der Weltfrauenkonferenz auszuschließen. Denn nachdem sie es geschafft haben, nach Peking zu kommen, starteten die Katholikinnen hier am Donnerstag gemeinsam mit zahlreichen anderen Frauengruppen eine Kampagne, die zum Ziel hat, dem Vatikan die Stimme bei der UNO zu entziehen.

„Wir sind ein gutes Beispiel dafür, daß auch kleine Organisationen großes politisches Aufsehen erregen können, wenn sie gute Ideen haben“, sagte Frances Kissling auf dem alternativen Forum regierungsunabhängiger Organisationen in Huairou, einem Vorort von Peking.

Die „Catholics for a free choice“ mit Sitz in den USA treten vor allem für das Recht auf Abtreibung ein. Sie verstehen sich als „katholische Feministinnen“ – und das ist für sie kein Widerspruch. Es geht ihnen darum, „die guten Traditionen der Kirche aufzunehmen und innerhalb der Kirche Gleichheit zu verlangen“, sagt Kissling. Vom Papst halten sie allerdings wenig: „Der Kerl glaubt, daß die Unfehlbarkeit des Papstes über die Religion hinausreicht“, schimpft sie. Seine Verständnis von Frauen lasse sich folgendermaßen zusammenfassen: „Männer sind Menschen, Frauen sind Mütter.“ Da katholische Frauen sich heute von solchen Ansichten nicht mehr überzeugen lassen, folgert sie: „die Institution Kirche ist bankrott.“

In Huairou sammelten die katholischen Aktivistinnen Unterschriften für ihre Petition bei der UNO, den Status des Vatikans zu überprüfen. Der Heilige Stuhl und die Schweiz gelten als „Nichtmitglieder mit dem Status eines Staates“ („non members with the status of a state“), sind ständige Beobachter mit einer Stimme in der UNO-Vollversammlung. Die Souveränität des Vatikans geht zurück auf das Jahr 1929, als die mit Italien abgeschlossenen Lateran-Verträge in Kraft traten.

Es sei nicht richtig, daß der Heilige Stuhl als einzige Religion wie eine Regierung behandelt wird, heißt es in der Petition der Frauengruppen. Er regiere die römisch- katholischen Kirche und keinen zivilen Staat. „Ich lade den Vatikan ein, genau wie wir und andere religiöse Gruppen als regierungsunabhängige Organisation an den UNO-Konferenzen teilzunehmen“, rief Frances Kissling auf dem NGO-Forum effektvoll ins Plenum. „Dieser sogenannte Staat hat weniger als tausend Einwohner, die alle Männer sind, und in dem es nur dann eine Wahl gibt, wenn ihr Führer stirbt. In diesem Staat gibt es kaum Arbeitsplätze für Frauen, so gut wie keine Gesundheitsversorgung. Warum hat der Vatikan also eine Stimme bei der Weltbevölkerungskonferenz und der Weltfrauenkonferenz, wenn die behandelten Probleme ihn als Staat gar nicht betreffen?“

Sie stelle sich auf einen langen Weg durch die Instanzen der UNO ein, sagt Kissling. „Wir sind ja erst mal nur Bittstellerinnen.“ 1.600 Frauengruppen aus aller Welt beteiligen sich an der Kampagne und haben sich im „Global Center for Reproductive Rights“ zusammengeschlossen. Sie wollen ihre Regierungen dazu bringen, ihre Initiative bei den Vereinten Nationen zu unterstützen.

Zwei Wochen nach der Weltfrauenkonferenz wird der Papst vor der Generalversammlung der UNO eine Rede halten. Bis dahin wollen die „Catholics for a free choice“ von UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali eine Antwort erhalten, wie die UNO auf ihre Petition reagieren will.