Schröder baut Sozialleistungen ab

■ Auf Kosten der Kommunen will Niedersachsens Ministerpräsident den Landeshaushalt sanieren

Hannover (taz) – „Der Staat kann nicht die Problemgruppen sozial absichern“ – mit diesen Worten hat Gerhard Schröder gestern eine Reihe von Streichungen und Kürzungen bei sozialen Leistungen des Landes Niedersachsen begründet, die sein Kabinett in einer Sparklausur beschlossen hatte.

Gänzlich gestrichen werden im hochverschuldeten Niedersachsen etwa die Mittel für die Schuldnerberatung, die bisher das Land aufgebracht hatte. „Auf null gestellt“ hat das Landeskabinett nach Angaben von Schröder auch die Haushaltsmittel für gemeindenahe psychiatrische Versorgung und für die Wiedereingliederung psychisch Kranker. Außerdem will das Land die Heimerziehung Jugendlicher nicht mehr finanzieren und damit 149 Millionen Mark einsparen. Diese Kosten der Heimerziehung sollen in Zukunft die niedersächsischen Kommunen aufbringen. Um 348 Millionen will das Land außerdem die Mittel kürzen, die es bisher im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs an die Kommunen überwiesen hat. Nach Ansicht der Grünen führt diese Haushaltspolitik in den kommunalen Bankrott.

Erheblich gekürzt werden in Schröders Niedersachsen außerdem die Zuschüsse des Landes für Freie Schulen und für das Personal in Kindertagesstätten. An allen Schulen, an denen ohnehin nur noch ein Teil der freiwerdenden Stellen wiederbesetzt wird, sollen künftig nur noch Zweidrittel- oder Dreiviertel-Lehrer im Angestelltenverhältnis eingestellt werden. Dafür wird für die übrigen Landesbeamten die Vierzigstundenwoche wieder eingeführt. Die kostenlose Mehrarbeit der Beamten begründete Schröder gestern mit dem bereits laufenden Personalabbau im Landesdienst. Durch die Arbeitszeitverlängerung könnten Neueinstellungen vermieden werden. Zur Tarifauseinandersetzung bei Volkswagen, in der die Arbeitgeberseite ebenfalls auf kostenloser Mehrarbeit beharrt, bemerkte der Ministerpräsident: „Das Ziel des Landes ist es, die Gewinnsituation des Unternehmens Volkswagen durchgreifend zu verbessern.“ Diese Gewinnsituation hänge auch von den Positionen ab, um die gegenwärtig bei VW gestritten werde. Während die SPD- Fraktion im Bundestag gestern noch gegen den Sozialabbau zu Felde zog, verlangte Schröder, „die sozialen Leistungen effizienter zu gestalten“. Effizienter und kostengünstiger als Sozialleistungen des Staates seien Selbsthilfegruppen. Jürgen Voges