Tanz auf Tahiti

■ Viel Frust, wenig wirklicher Widerstand

Wenn der internationale Flughafen von Tahiti abgefackelt wird und die Hauptstadt Papeete zum Teil in Flammen steht, ist das noch lange kein Zeichen der Stärke des polynesischen Widerstands gegen die französischen Atomtests oder der polynesischen Unabhängigkeitsbewegung. Wäre die Opposition geeint und auf den Tag X besser vorbereitet gewesen, hätte es statt der Krawalle eindrucksvolle Demonstrationen gegeben.

Die Ausschreitungen haben ihre Ursache in der Schwäche des Wirtschaftssystems, das der französische Staat samt seiner Bombentester Polynesien übergestülpt hat. Vor allem marginalisierte Jugendliche, die so gut wie keine Aussicht auf gutdotierte Stellen in der französischen Verwaltung oder beim Militär besitzen, haben gestern die Steine und Mollies geworfen.

Sicherlich treten diese Jugendlichen für die Unabhängigkeit Polynesiens ein, weil sie von der Anwesenheit der Franzosen keine materiellen Vorteile haben, sich dadurch eher noch erniedrigt fühlen. Aber sie sind nicht die Unabhängigkeitsbewegung. Sicherlich sind sie auch gegen die Atomtests. Aber das war nur der Auslöser, nicht der eigentliche Grund dafür, daß sie zuschlugen. In der Ablehnung der Atomtests kristallisiert sich der gesamte, vielschichtige Konflikt zwischen Polynesien und Frankreich.

Der Führer der Unabhängigkeitspartei Tavini, Oscar Temaru, nutzt das Thema Atomtests sicher gezielt für seine Zwecke aus. Und der internationale Flughafen als Ziel der Ausschreitungen ist dabei gut gewählt. Die Journalisten, die sich nach all dem Warten auf den ersten Atomtest schon auf den Heimflug freuten, haben die Bilder von ihrem versperrten Rückweg in die Heimat in alle Welt gesendet. Doch was das Fernsehpublikum zu sehen bekam, ist dem politischen Ansehen der Unabhängigkeitsbewegung kaum nützlich. Die Ausschreitungen richteten sich praktisch ausschließlich gegen Läden und Wohnungen von Polynesiern und Chinesen, während die Regierungsgebäude verschont blieben.

Momentan herrscht weniger Befreiungskampf als vielmehr Wut darüber, daß die Großmacht Frankreich mit den Polynesiern einfach macht, was sie will. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit spaltet die Polynesier: Die einen resignieren, die anderen treibt es auf die Straße. Auch wenn die neuen Atomtests der Unabhängigkeitsbewegung viele neue Anhänger zutreiben – die nationale Unabhängigkeit wird in Polynesien noch lange auf sich warten lassen. Nicola Liebert, Papeete