Sparmobil von Greenpeace

■ Umweltorganisation präsentiert "Gringo" mit 50 PS und drei Litern Verbrauch. Neukonstruktion ist ein Mischling aus Renault, BMW, Volvo und Staatsgeheimnis

Berlin (taz) – Er ist grün, chic, futuristisch designed, hat 50 PS, 360 Kubikzentimeter Hubraum und verbraucht in der Stadt „weniger als dreieinhalb Liter“. Er heißt „Gringo“ und ist dem Renault- Modell „Twingo“ in weiten Teilen nachempfunden. Eine Woche vor Eröffnung des Frankfurter PS- Pornos „Internationale Automobil-Ausstellung“ präsentierte Greenpeace gestern im Berliner Hotel SAS die eigentliche Messesensation: ein eigenes, von den Umweltkämpfern als Prototyp selbstgebautes Auto.

Mit der gewagten Neukonstruktion will Greenpeace beweisen, daß mit der jetzt vorhandenen „stinknormalen Technik“, so Kampaigner Wolfgang Lohbeck, eine Halbierung des Energieverbrauchs jederzeit möglich ist. Der „Gringo“ sei ein „allererster Schritt“ auf dem Weg zu einer neuen Autozukunft.

Um den Benzinverbrauch zu halbieren, haben die Greenpeace- Konstrukteure den Renault- Twingo zunächst um 160 Kilo abgespeckt. Wo immer möglich, wurden Gramm gespart bis hin zum Ölmeßstab, der von einem großen BMW genommen und abgesägt wurde. Auch der Rückspiegel ist von BMW, andere Teile wurden von Volvo verwendet, doch der Großteil der Karosserie stammt vom Franzosen.

Das Herz des Sparmobils ist ein 50-PS-Motor mit ganzen 360 Kubikzentimeter Hubraum. Der Name des Konstrukteurs, ein mittelständischer Motorenbauer, wurde gestern wie ein Staatsgeheimnis gehütet („sonst rennt denen die Motor-Journaille die Türe ein“).

Die Überdimensionierung des Hubraums bei den meisten Fahrzeugen macht Motorenspezialist Rudolf Petersen vom Wuppertal- Institut für Klima und Energie, der an der Konstruktion mitbeteiligt war, für den hohen Spritverbrauch verantwortlich. Bei 70 Prozent aller Fahrten seien die Motoren mit ihrem großen Hub unausgelastet. Deshalb wurde das Volumen von 1,3 Litern im Ursprungsmodell auf ein Viertel verkleinert. Die Leistung des Motors ist dagegen von 55 PS im Renault-Modell auf 50 PS nur leicht reduziert worden.

Die Kosten des Ökomobils sollen nicht höher liegen als beim Ursprungsmodell von Renault. Greenpeace will jetzt mit allen Herstellern verhandeln, um die Auseinandersetzung zur Autozukunft anzukurbeln.

Die Umweltorganisation machte deutlich, daß es nicht an die Abschaffung des Autos glaubt. Bei weltweit 500 Millionen Karossen wächst der Stinkerbestand derzeit doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung. „Aber wenn schon Autos“, so Greenpeacer Lohbeck, „dann andere“, die vor allem sehr viel weniger Sprit verbrauchen. Seit beinahe 25 Jahren liege der reale durchschnittliche Benzinverbrauch hierzulande pro Auto bei knapp 10 Litern, rechnete Greenpeace-Mann Harald Zindler vor. Pro Jahr verbrennt die deutsche Autoflotte 60 Milliarden Liter. Daß es anders geht, will Greenpeace jetzt beweisen.

So ganz wohl war den Regenbogenkriegern allerdings nicht bei ihrer alternativen Auto-Schau. Immer wieder wurde betont, daß Greenpeace mit dem „Gringo“ nicht unter die Autobauer gegangen sei. Die Ängstlichkeit ist ein Reflex auf die Diskussion in den eigenen Reihen, wo der Bau des Sparmobils umstritten war. Die Fundis in den Reihen von Greenpeace haben Sorge, mit dem Ökomobil einen „Klimakiller light“ geschaffen zu haben, der kein wirklich fortschrittliches Verkehrskonzept verkörpert.

Die versammelte deutsche und internationale Presse war indes entzückt, vor allem als Lynette Thorstensen, Chefin der Klimakampagne, telegen das Greenpeace-Auto enthüllte und sich für die Fotografen ans Steuer setzte.

Auf der Frankfurter IAA wird der Prototyp allerdings nicht vertreten sein. Nach wochenlangem Streit mit den Verbandsoberen hat Greenpeace genervt auf einen eigenen Messestand verzichtet. Manfred Kriener