Steffi Grafs Steuergeheimnis ist in Gefahr

■ Stuttgarter Finanzminister Mayer-Vorfelder hat Angst, vom Strudel der Steueraffäre verschlungen zu werden. Er soll Tennisfamilie jahrelang gedeckt haben

Stuttgart (taz) – Der baden- württembergische Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder hat im Steuerfall der Tennisfamilie Graf kalte Füße bekommen und die Flucht nach vorne angetreten. Der Spiegel hatte ihm vorgeworfen, daß Peter Graf, Manager und Vater der Tenniskönigin Steffi Graf, bei seinen Steuerschwindeleien „Deckung von ganz oben“ gehabt habe. Um diese Vorwürfe aus der Welt zu schaffen, kündigte Mayer- Vorfelder jetzt an, notfalls ohne Zustimmung der Tennisspielerin Einzelheiten aus deren Steuerakten zu veröffentlichen.

Bis Mittwoch der kommenden Woche hat das Stuttgarter Finanzministerium Grafs Anwälten Zeit gegeben, die Behörden freiwillig von der Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses zu entbinden. Sollte diese Frist verstreichen, will das Ministerium auch ohne Zustimmung offenlegen, wie Vater Graf die Finanzämter betrog. Das Steuergeheimnis ist laut Abgabenordnung nämlich dann nicht mehr sicher, wenn „in der Öffentlichkeit verbreitete unwahre Tatsachen dazu geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern“. Der Aufhebung des Steuergeheimnisses von Steffi Graf muß zuvor auch noch das Bundesfinanzministerium zustimmen. Waigels Sprecher hält sich derzeit allerdings bedeckt: „So etwas entscheiden wir, wenn die Anfrage vorliegt.“

Eine derart offensive Öffentlichkeitsarbeit ist man von CDU- Hardliner Mayer-Vorfelder eigentlich gar nicht gewohnt, und sie erklärt sich nur aus dessen Angst, so kurz vor den Wahlen in Baden- Württemberg in den Strudel der Graf-Affäre mit hineingezogen zu werden.

Anfang September hatte das Hamburger Nachrichtenmagazin gemeldet, daß im Bonner Bundesamt für Finanzen schon 1988 Hinweise auf Steuertricks der Familie Graf vorlagen. Pflichtgemäß machten die Bonner Beamten ihre Stuttgarter Kollegen auf die Mauschelvorwürfe aufmerksam und regten den Einsatz der Steuerfahndung an. Doch nichts geschah.

Drückte Sportsfreund Mayer- Vorfelder wieder einmal seine blauen Augen zu? Wie gut er das kann, hat er erst vor kurzem in der baden-württembergischen Lotto- Affäre bewiesen. Als Aufsichtsratchef hatte er seinem reiselustigen Parteifreund Peter Wetter blind jedes Ticket genehmigt, weswegen Wetter schließlich einen Strafbefehl wegen Untreue erhielt. Der Chef kam mit besagten blauen Augen davon.

Als Meister im Kopf-durch-die- Schlinge-ziehen erwies sich der CDU-Rechtsaußen allerdings immer schon. Als früherer Kultusminister zog er mit seiner reaktionären Bildungspolitik den Unmut der baden-württembergischen Lehrer auf sich, als VfB-Präsident den der Fans. Geschadet hat es ihm nie. Auch Mayer-Vorfelders Alkoholprobleme, die er im Dienst nicht immer verbergen konnte, führten noch nicht zum Karriereknick. Viel zu stark ist die Hausmacht des Rechtskonservativen innerhalb der CDU – selbst das Drängen des Koalitionspartners SPD, bei der Regierungsbildung auf Mayer-Vorfelder zu verzichten, hatte bei Ministerpräsident Erwin Teufel nie Chancen auf Gehör. Philip Maußhardt