Volle gläserne Taschen

■ Offenlegung der Einkünfte soll Kritik an Diätenerhöhung zerstreuen

Bonn (taz) – Ist es vorstellbar, daß WählerInnen in Deutschland bald in der Zeitung und jeder Bibliothek nachlesen können, wieviel einzelne Bundestagsabgeordnete verdienen und welche Nebeneinkünfte sie beziehen? Die beiden SPD-Abgeordneten Peter Conradi und Norbert Gansel zumindest halten eine Selbstverpflichtung zur Offenlegung der eigenen Finanzen für notwendig. Die fraktionsübergreifende Initiative, die sie gestern vorstellten, verpflichtet alle Parlamentarier, künftig jährlich Art und Höhe ihrer Einkünfte zu veröffentlichen.

Die von bisher 99 Abgeordneten unterstützte Initiative versteht sich als Ergänzung zu der von beiden großen Parteien beschlossenen grundlegenden Reform der Diäten. Die mit der Verkleinerung des Bundestags verknüpfte Diätenreform soll den Abgeordneten eine bessere Bezahlung sichern, über die aber das Parlament nicht mehr selbst entscheiden muß. Der Bund der Steuerzahler und der Verwaltungswissenschaftler Hans Herbert von Arnim attackierten das Vorhaben diese Woche mit massiven Vorwürfen. Arnim: „Hier versucht die politische Klasse, sich aller Kontrollen zu entledigen.“ Vor allem die Absicht, Diäten künftig an die Richterbesoldung zu koppeln, empört die Kritiker. Weil dazu eine Grundgesetzänderung notwendig ist, wirft Arnim den großen Parteien vor, sie änderten zum ersten Mal in der Geschichte die Verfassung zu ihrem eigenen Vorteil. Die Anpassung an die Besoldung der Bundesrichter würde Abgeordneten im Jahr 2000 etwa 16.500 Mark garantieren. Derzeit erhalten sie Diäten in Höhe von 10.000 Mark. Hans Monath