„Ja zum Kreuz in Bayerns Schulen“

■ Die CSU will das Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit einem neuen Gesetz unterlaufen. Der 59. Parteitag in München schwelgt in Selbstzufriedenheit

München (taz) – Einstimmigkeit war von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber gefordert worden, und die über 1.000 Delegierten des CSU-Parteitages in München ließen sich nicht lumpen. Ohne Enthaltung und ohne Gegenstimme verabschiedeten sie den Leitantrag des Parteivorstandes „Ja zum Kreuz in Bayerns Schulen“. Die CSU tritt darin für eine „ungehinderte Darstellung des Kreuzes“ ein, um die „christlichen kulturellen Traditionen und die ethischen Grundlagen unserer Demokratie“ zu retten.

Schon morgen, am ersten Schultag im Freistaat, wird das bayerische Kabinett einen Gesetzentwurf beraten, der konträr zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht. „Auch in Zukunft wird der Staat anordnen, daß in unseren Schulen die Kreuze hängen“, umreißt Stoiber den Tenor des neuen Gesetzes. Eine „gerechte Abwägung“ solle demnach im Konfliktfall mit kreuzunwilligen Eltern und Schülern entscheiden, sprich der „Wille der Mehrheit der Eltern und Schüler“ – und die Mehrheit in Bayern, die ist seit über vier Jahrzehnten christlich-sozial. Das Bundesverfassungsgericht hatte dagegen entschieden, daß schon der Forderung eines Erziehungsberechtigten, das Kreuz zu entfernen, nachzugeben sei.

„Wir werden das Kruzifix und die christlichen Wurzeln unserer Heimat verteidigen, wo immer sie vom Zeitgeist oder linken Ideologen angegriffen werden“, tönte der nahezu einstimmig wiedergewählte Parteivorsitzende Theo Waigel. Die obersten Richter in Karlsruhe sollen nach dem Willen der Christsozialen noch einmal über das Kruzifix entscheiden müssen – dann aber gefälligst „friedenstiftend“.

Siegessicher und selbstzufrieden präsentierte sich die CSU nach drei gewonnenen Wahlen im Superwahljahr 1994 und angesichts steigender Mitgliederzahlen auf ihrem 59. Parteitag. Mit einer Symbiose aus „Fortschritt und Tradition“ und einem kraftvollen „Wir in Bayern“ will die Partei die satten Mehrheiten im Freistaat auch bei den im März nächsten Jahres anstehenden Kommunalwahlen und beim Volksentscheid „Mehr Demokratie in Bayern“ am 1. Oktober verteidigen – als Grundlage für den „wachsenden Einfluß der CSU in Bonn“ (Theo Waigel).

Bernd Siegler Seite 4