■ Mit der Unctad auf Du und Du
: Zoll und Zins runter

Berlin (taz) – Das Wachstum der Weltwirtschaft wird um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 2,9 Prozent sinken. Vor allem in den Industrienationen rechnet der Jahresbericht der Unctad, der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, mit einer Abkühlung der Konjunktur. Während der Welthandel noch mit einer Zuwachsrate von 5,8 Prozent zulegt, erwarten die Unctad-Volkswirte für die USA nur noch 2,7 Prozent, für Japan sogar nur noch 0,5 Prozent Wachstum. Schuld daran sei vor allem die restriktive Geldpolitik der Industrienationen, die zur Kontrolle der Inflation eingesetzt werde. Daneben haben die Abkühlung der Konjunktur in den USA und die Finanzkrise Mexikos auch zu der schlechten Prognose geführt.

Eindringlich warnt die Unctad vor dem stagnierenden Arbeitsmarkt in den reichen Nationen. Rund 34 Millionen Menschen sind dort ohne Arbeit, die durchschnittliche Arbeitslosenrate liegt seit 15 Jahren bei 7,3 Prozent. Die Misere auf dem Arbeitsmarkt sei „politisch bedrohlich“, heißt es in dem Bericht, und könne die „Stabilität des internationalen Handelssystems“ gefährden. Auch die schlecht bezahlten Jobs in den USA sind kein Ausweg. Die Arbeitslosigkeit sollte nicht mit schlechteren Gehältern, Abbau des sozialen Netzes und Verschlechterung der Arbeitsschutzmaßnahmen bekämpft werden. Eine solche Liberalisierung laufe Gefahr, offene Arbeitslosigkeit in versteckte umzuwandeln.

Die Unctad plädiert dagegen für eine Absenkung der hohen Zinsen, um öffentliche und private Investitionen zu fördern. Eine einmalige Wohlstandsabgabe soll zudem das Defizit in den Staatsbudgets der Industrieländer senken.

Weiter kritisiert die Unctad das Zollgebaren der Industrienationen, die Einfuhren aus den Billiglohnländern erschweren würden. Solche Sanktionen seien zu kurzfristig gedacht und würden später wieder auf die Industrieländer zurückfallen. Dagegen sollte eher die Kaufkraft der Entwicklungsländer durch eine großzügige Importpolitik erhöht werden.

Das größte Wachstum wird nach der Unctad-Prognose Asien mit 5,3 Prozent Zuwachs erreichen. Spitzenreiter ist China mit 9,6 Prozent. Der asiatische Markt profitiert derzeit vom Kursanstieg des Yen, der japanische Unternehmen zu vermehrten Investitionen in anderen asiatischen Ländern veranlaßt. Dagegen hat sich in Lateinamerika durch die Finanzkrise Mexikos das Wirtschaftswachstum auf zwei Prozent verlangsamt. In Deutschland und Frankreich wird die Zuwachsrate auf 2,5 Prozent sinken. Julia Seidl