Lehrmeister Kohl erteilt Südafrika die Bestnote

■ „Sie haben die Weichen richtig gestellt“, lobt der Bundeskanzler vor dem Parlament in Kapstadt das neue Südafrika / Kooperationsabkommen unterzeichnet

Kapstadt (taz) – Zu seiner ersten Unterredung mit Nelson Mandela kam Helmut Kohl zu spät. Als der deutsche Kanzler gestern früh zehn Minuten nach der geplanten Zeit immer noch nicht vor dem Kapstadter Amtssitz des Präsidenten vorgefahren war, wurden selbst die südafrikanischen Sicherheitskräfte nervös. Als Kohl schließlich eintraf, konnte er dann Mandelas Abweichungen vom Protokoll, wie etwa einem Gang zu Schaulustigen hinter dem Garten, nur wenig abgewinnen.

Kohl ist der erste deutsche Regierungschef, der jemals nach Südafrika gereist ist, und entsprechend deutlich wird, daß er hier Neuland betritt. Der politische Teil des viertägigen Besuchs begann gestern mit einem Gespräch mit Mandela. Außerdem traf Kohl die Vizepräsidenten Thabo Mbeki (ANC) und F.W. de Klerk (Nationale Partei) sowie Inkatha-Chef und Innenminister Mangosuthu Buthelezi. Das Gespräch mit Buthelezi dauerte länger als vorgesehen, und danach entschwand Kohl sofort. Wie Buthelezi erklärte, habe man über „Verfassungs- und Föderalismusfragen“ gesprochen, bei denen die CDU-nahe Konrad-Adenauer- Stiftung Buthelezis Inkatha-Freiheitspartei eng berät.

Kohl und Mandela erklärten nach ihrem Gespräch, das Thema der Wirtschaftsbeziehungen habe im Mittelpunkt gestanden. Kohl, dessen politisches Interesse an Südafrika nicht allzu stark ist, zollte Mandela Respekt für „seine Lebensleistung“. Mandela gehe den Weg der dramatischen Veränderungen mit einer klugen, überlegenen Philosophie. Von seiten der Bundesregierung sei es sein ausgesprochener Wille, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu intensivieren, sagte Kohl; für Südafrika, wußte der Deutsche, sei es entscheidend, möglichst schnell möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen, denn nur so könne sozialer Friede herrschen, der Stabilität sichere. Mandela sagte: „Der Besuch des deutschen Kanzlers ist von großer Bedeutung für uns.“

Um ihre Beziehungen auszubauen, unterzeichneten die beiden Länder drei Kooperationsabkommen. Zwei davon regeln die künftige Entwicklungszusammenarbeit; so soll noch in diesem Jahr der Deutsche Entwicklungdienst in Südafrika tätig werden. Das dritte Abkommen sichert gegenseitigen Investitionsschutz und den freien Kapitaltransfer.

Am Nachmittag hielt Kohl eine Rede vor dem Parlament in Kapstadt. „Als Freund Ihres Landes“ beglückwünschte er die Südafrikaner zu ihrem „Werk des Friedens“ und „ermutigte“ sie, auf ihrem friedlichen Weg fortzufahren. Kohl verwies dabei auf die deutschen Erfahrungen nach der Wiedervereinigung und erklärte den lauschenden Südafrikanern: „Die Mühe lohnt sich. Und ich denke, sie haben die Weichen richtig gestellt.“ Kordula Doerfler